007 - MADEIRA
11/09/16 00:00 Madeira
Hallo Ihr Lieben!
Quinta do Lorde Marina, Madeira. Sauber, sicher, professionell freundliches Personal. Angebunden an ein großes Resorthotel im romantischen Disney Stil »a lá Porto Cervo«. Wenig Infrastruktur. So weit so gut. In der quirligeren Hauptstadt Funchal hätten wir ohnehin nicht liegen können, wegen der gerade anstehenden Regatta… Der Vorteil: Es ist ruhig hier.
Gleich am ersten Tag begehen wir den Fehler, einen der großartigsten Wanderwege Madeiras (3,5 Stunden, Prädikat mittelschwer) unter die Füße zu nehmen. Um die Glieder zu strecken. Und weil der Einstieg nur einen Kilometer von »unserer« Marina entfernt liegt. Wir finden dort einen großen Parkplatz vor, voll mit Kleinwagen im derzeit aktuellen »on steroids« Design. Sollten die etwa alle… Die Hoffnung das das alles Badegäste sind, bewahrheitet sich nicht. Wanderer. Es sind viele. Jung und Alt, überwiegend kilimanjaromäßig ausgerüstet: »Goretex« Stiefel, Skistöcke, »Camel back« Rucksack mit Vollverschlauchung, Tropenhut, »Hero 4« am »Stick«, dazu die überlange Brennweite am Gürtel. Auf dem teilweise mit Stahlseilen versicherten, schmalen Klettersteig zum nordöstlichen Ende der Insel klettern wir auf und nieder, neben, über und hintereinander her. Peinlich: Auf dem Rückweg wird mir (M) vermutlich wegen der Hitze (Mittagssonne auf schwarzem Basalt) ständig schwarz vor Augen. Ich fühle mich elend und muss an den Anstiegen jede Oma vorbeilassen. Das ist Mist und macht keinen Spaß. B nimmt‘s gelassen und trägt mich nach Hause.
Versuchen wir es mal mit Funchal. Per Bus. Der Hafen- und Marina Rundgang ist Pflicht. Wenige Boote hier, wegen der besagten Regatta. Ab nächsten Montag wäre Platz, aber dann sind wir wohl wieder auf See. Die Altstadt glänzt mit Prachtbauten und dem Charme vergangener Jahrhunderte. Zahllose nett aussehende kleine Läden, Café‘s und Restaurants, so wie es beinahe jeder mag. Aufstieg zum botanischen Garten. Steil bergan, über winzige Gassen und Treppenanlagen. Wieder in der Mittagshitze, aber diesmal ohne Probleme. Das bessert die Laune. Der Garten gefällt uns, trotz der kürzlich entstandenen Waldbrandschäden. Ein angeschlossenes kleines Museum ist leer und zieht uns an. Eine charmante viktorianische Villa in gutem Erhaltungszustand, vollgestopft mit sorgfältig katalogisierten Naturkundedevotionalien, vom kleinen Schneckenfossil bis zum ausgestopften Hammerhai, dazu leise Musik von Lisa Gerrard… Bin sonst kein Fan von aufgespießten Schmetterlingen, aber: Hier erahnt man, was wir gerade den frühen Protagonisten der Aufklärung verdanken. Alles.
Für die nächsten Tage haben wir ein Auto gemietet. Fiat Panda, im Pandabärendesign, mit kraftvoller 1,2 Liter Maschine. Ich bin heiß darauf, mal wieder ordentlich aufs Gas zu steigen, nach 6 Monaten Abstinenz. Also rund um die Insel, oder so… In den nächsten Tagen bringen wir es auf gute 600 Kilometer »on the road«. In vielem ähneln die durchfahrenen Landschaften jenen, die wir von früher her kennen. Ein Hauch Neuseeland, eine Prise Kalimantan. Oder eher Grenada? Hier wie dort hatten sie es mit Sklaven, Zuckerrohr, und später mit Rum. Das Klima ganz ähnlich. Knapp bemessenes Bauland, dichtest besiedelt. Vieles ziemlich kaputt, anderes liebevoll unterhalten und gepflegt. Gerade manch sorgfältig angelegter und unterhaltener Garten zeugt von einem konsequenten Rückzug ins private, der sympathisch wirkt und ein wenig melancholisch. Cristóbal Colón lebte lange auf Madeira, war hier verheiratet. Hiesige Seeleute sollen ihm den Tip gegeben haben, es mal im Westen zu probieren. Viel Charakter hier, seit langer Zeit.
Wir probieren es mit einem Wanderweg, entlang den weltberühmten Bewässerungskanälen oben in den Hochmooren, trotz des dichten Nebels. Der Parkplatz ist natürlich brechend voll. Die Bewegung tut gut, aber die Sehnsucht nach einem einsamen Ankerplatz wächst mit jedem Schritt. Als wir das erste mal zum vielgerühmten Lorbeerwald Laurisilva (UNESCO Weltnaturerbe seit 1999) vordringen bringen wir es nicht fertig auszusteigen. 33 Reisebusse stehen in langen Schlangen vor dem Einstieg. Keine Frage: Die Naturschutzgebiete und Wanderwege hier werden vorbildlich unterhalten und markiert. Jede unsichere Stelle ist versichert und mit Geländern versehen. Ein Wald von Hinweis- und Lehrschilder hilft überall bei der Orientierung, wie in Neuseeland. Es gibt reichlich Schutzhütten und Unterstände und selbstverständlich »augmented reality« für »iOS« und »Android«. Schon toll. Und dennoch: Der Gedanke wie ich mit Freund Karsten um 1985 auf Korsika anlässlich einer ausgedehnten Bergwanderung beinahe verdurstet wäre… Oh Mann, war die Welt damals wild und gefährlich.
Fazit Madeira: Dominiert vom Fremdenverkehr, ziemlich zubetoniert, durchaus mit Aroma hier und da. Sehenswert: Funchal, die Südwestküste, der Bergwald. Uns reicht das. Segel hoch und weg. Irgendwo ankern, wo uns niemand sieht. Die geheimnisvollen, unbewohnten Ilhas Desertas und Ilhas Selvagens liegen auf dem Weg nach Lanzarote. Vielleicht gelingt es uns, diese in Augenschein zu nehmen.
Mit herzlichen Grüßen an Alle von B und M / SY VERA / Quinta do Lorde Marina / Madeira / Portugal
1 - Die Marina Quinta do Lorde

2 - Kilimandjaro gear

3 - Markenbewusste Taxifahrer. Funchal

4 - Blick nach Mittelamerika

Quinta do Lorde Marina, Madeira. Sauber, sicher, professionell freundliches Personal. Angebunden an ein großes Resorthotel im romantischen Disney Stil »a lá Porto Cervo«. Wenig Infrastruktur. So weit so gut. In der quirligeren Hauptstadt Funchal hätten wir ohnehin nicht liegen können, wegen der gerade anstehenden Regatta… Der Vorteil: Es ist ruhig hier.
Gleich am ersten Tag begehen wir den Fehler, einen der großartigsten Wanderwege Madeiras (3,5 Stunden, Prädikat mittelschwer) unter die Füße zu nehmen. Um die Glieder zu strecken. Und weil der Einstieg nur einen Kilometer von »unserer« Marina entfernt liegt. Wir finden dort einen großen Parkplatz vor, voll mit Kleinwagen im derzeit aktuellen »on steroids« Design. Sollten die etwa alle… Die Hoffnung das das alles Badegäste sind, bewahrheitet sich nicht. Wanderer. Es sind viele. Jung und Alt, überwiegend kilimanjaromäßig ausgerüstet: »Goretex« Stiefel, Skistöcke, »Camel back« Rucksack mit Vollverschlauchung, Tropenhut, »Hero 4« am »Stick«, dazu die überlange Brennweite am Gürtel. Auf dem teilweise mit Stahlseilen versicherten, schmalen Klettersteig zum nordöstlichen Ende der Insel klettern wir auf und nieder, neben, über und hintereinander her. Peinlich: Auf dem Rückweg wird mir (M) vermutlich wegen der Hitze (Mittagssonne auf schwarzem Basalt) ständig schwarz vor Augen. Ich fühle mich elend und muss an den Anstiegen jede Oma vorbeilassen. Das ist Mist und macht keinen Spaß. B nimmt‘s gelassen und trägt mich nach Hause.
Versuchen wir es mal mit Funchal. Per Bus. Der Hafen- und Marina Rundgang ist Pflicht. Wenige Boote hier, wegen der besagten Regatta. Ab nächsten Montag wäre Platz, aber dann sind wir wohl wieder auf See. Die Altstadt glänzt mit Prachtbauten und dem Charme vergangener Jahrhunderte. Zahllose nett aussehende kleine Läden, Café‘s und Restaurants, so wie es beinahe jeder mag. Aufstieg zum botanischen Garten. Steil bergan, über winzige Gassen und Treppenanlagen. Wieder in der Mittagshitze, aber diesmal ohne Probleme. Das bessert die Laune. Der Garten gefällt uns, trotz der kürzlich entstandenen Waldbrandschäden. Ein angeschlossenes kleines Museum ist leer und zieht uns an. Eine charmante viktorianische Villa in gutem Erhaltungszustand, vollgestopft mit sorgfältig katalogisierten Naturkundedevotionalien, vom kleinen Schneckenfossil bis zum ausgestopften Hammerhai, dazu leise Musik von Lisa Gerrard… Bin sonst kein Fan von aufgespießten Schmetterlingen, aber: Hier erahnt man, was wir gerade den frühen Protagonisten der Aufklärung verdanken. Alles.
Für die nächsten Tage haben wir ein Auto gemietet. Fiat Panda, im Pandabärendesign, mit kraftvoller 1,2 Liter Maschine. Ich bin heiß darauf, mal wieder ordentlich aufs Gas zu steigen, nach 6 Monaten Abstinenz. Also rund um die Insel, oder so… In den nächsten Tagen bringen wir es auf gute 600 Kilometer »on the road«. In vielem ähneln die durchfahrenen Landschaften jenen, die wir von früher her kennen. Ein Hauch Neuseeland, eine Prise Kalimantan. Oder eher Grenada? Hier wie dort hatten sie es mit Sklaven, Zuckerrohr, und später mit Rum. Das Klima ganz ähnlich. Knapp bemessenes Bauland, dichtest besiedelt. Vieles ziemlich kaputt, anderes liebevoll unterhalten und gepflegt. Gerade manch sorgfältig angelegter und unterhaltener Garten zeugt von einem konsequenten Rückzug ins private, der sympathisch wirkt und ein wenig melancholisch. Cristóbal Colón lebte lange auf Madeira, war hier verheiratet. Hiesige Seeleute sollen ihm den Tip gegeben haben, es mal im Westen zu probieren. Viel Charakter hier, seit langer Zeit.
Wir probieren es mit einem Wanderweg, entlang den weltberühmten Bewässerungskanälen oben in den Hochmooren, trotz des dichten Nebels. Der Parkplatz ist natürlich brechend voll. Die Bewegung tut gut, aber die Sehnsucht nach einem einsamen Ankerplatz wächst mit jedem Schritt. Als wir das erste mal zum vielgerühmten Lorbeerwald Laurisilva (UNESCO Weltnaturerbe seit 1999) vordringen bringen wir es nicht fertig auszusteigen. 33 Reisebusse stehen in langen Schlangen vor dem Einstieg. Keine Frage: Die Naturschutzgebiete und Wanderwege hier werden vorbildlich unterhalten und markiert. Jede unsichere Stelle ist versichert und mit Geländern versehen. Ein Wald von Hinweis- und Lehrschilder hilft überall bei der Orientierung, wie in Neuseeland. Es gibt reichlich Schutzhütten und Unterstände und selbstverständlich »augmented reality« für »iOS« und »Android«. Schon toll. Und dennoch: Der Gedanke wie ich mit Freund Karsten um 1985 auf Korsika anlässlich einer ausgedehnten Bergwanderung beinahe verdurstet wäre… Oh Mann, war die Welt damals wild und gefährlich.
Fazit Madeira: Dominiert vom Fremdenverkehr, ziemlich zubetoniert, durchaus mit Aroma hier und da. Sehenswert: Funchal, die Südwestküste, der Bergwald. Uns reicht das. Segel hoch und weg. Irgendwo ankern, wo uns niemand sieht. Die geheimnisvollen, unbewohnten Ilhas Desertas und Ilhas Selvagens liegen auf dem Weg nach Lanzarote. Vielleicht gelingt es uns, diese in Augenschein zu nehmen.
Mit herzlichen Grüßen an Alle von B und M / SY VERA / Quinta do Lorde Marina / Madeira / Portugal
1 - Die Marina Quinta do Lorde

2 - Kilimandjaro gear

3 - Markenbewusste Taxifahrer. Funchal

4 - Blick nach Mittelamerika
