005 - GIBRALTAR
30/08/16 00:00 Gibraltar
Liebe Freunde!
Gibraltar: Ein merkwürdiger Ort, voll bizarrer Brüche, Narben und Geschichten. Mächtige Befestigungsanlagen, die aus dem Fels heraus zu wachsen scheinen, Geschützbettungen überall, titanische Waffen auf drehbaren Lafetten. Die Altstadt dahinter, altenglisch, ohne Abstriche, aber voller Touristen auf der »Mainstreet«. Perfekten »Fish and Chips« gibt es beim »Angry Friar«, einem ehrwürdigen »Inn« wie aus dem Bilderbuch. Hinter der Altstadt der markante, blonde Felsen, eine der beiden Säulen des Herkules. Wir erwandern uns Gibraltar, auf Pfaden, die selten begangen werden. Zum höchsten Punkt, von Osten kommend, hinauf über die atemberaubend schönen »Mediterranean steps«, hinab über die steilen Treppen der »Charles the Vth wall«, vorbei an, oder über, Horden von freundlichen Makaken steigend, die nach unseren Vorräten trachten. Eine weitere Tour führt uns rund um den Felsen, zu Fuß, und durch den für Fußgänger verbotenen, unheimlich dunklen »Dudley Ward tunnel«. Ein Einheimischer Jogger gab uns den Tip, die Verbotsschilder einfach zu übersehen, so wie er, seit zwanzig Jahren… Erfrischungen bekommen wir jeweils auf der »SY SASSOON«, neue Freunde aus Australien, die wie wir, demnächst über den Atlantik wollen. Intensive Gespräche drehen sich um Alles, und um das Wetter. Sie wollen auch bald weiter, auf keinen Fall hängenbleiben, wie so viele hier. Es ist bequem hier in Gibraltar, nicht zu teuer, die Versorgungslage sehr gut, bis hin zum verlässlichen Internetanschluss von »Gibtel«…
Aber: Der hochoktanige Straßenverkehr kostet Nerven. Neben hunderttausend Scootern gehören hochgezüchteten Motorrädern und der neue Range Rover zur Standartausrüstung. Ein Mietwagen hat keinen Zweck, denn ein Parkplatz für die Nacht wäre »unavailable«. Es ist heiß in der Stadt, stickig und feucht, die alten Gemäuer gammeln vor sich hin, meist riecht es schimmlig, oder nach Abwasser. Draußen auf Reede liegen hundert Handelsschiffe und stoßen schwefelige Abgase aus, die gelblich über die Stadt wabern, ein wenig wie in Venedig, aber weniger romantisch. In der Marina treibt Unrat und ein feiner Ölfilm, der nach Diesel riecht. Neuere Architektur gibt es auch, die die alten Mauern überwuchert wie ein bösartiger Krebs. Baulärm dröhnt über die Stadt, von Presslufthämmern und gewaltigen Rammen. Ein guter Teil der meist unsäglich schlecht gemachten Neubauten steht auf aufgeschüttetem Meeresgrund, außerhalb der alten Befestigungen aus der Zeit Nelsons. Eine Wohnwabe hier mit Blick, und ein gut bezahlter Job, als Projektleiter vielleicht? Bitte nicht. Viele Einheimische wirken gestresst. Das Smartphone am Ohr, ein Namensschild am »white collar«, eine swipe card am Gürtel, feine Krawatten, englische Lederschuhe, so eilen sie im Geschwindschritt durch die Gassen. Gibraltar ist ein Ort, an dem Geschäfte gemacht werden, schnell und effektiv. Die »Gaming Industry« ist stark vertreten hier, so erzählt man uns. Aha. Die sozialen Unterschiede sind groß. Das Spektrum reicht von den ein wenig arrogant wirkenden Engländern zu den Spanisch sprechenden Bediensteten, dazwischen alteingesessene, die sich mit Hilfe eines kuriosen, schwer verständlichen Gebräus aus English und Spanisch verständigen.
Gestern Abend war dann noch, ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel das Wetter English. In der Queensway Quay Marina sah man die Hand vor Augen nicht. Dichter Nebel und alles nass… Also nichts wie weg. Morgen, Donnerstag, den 01. September, nach Tagesanbruch und einer spannenden Woche Gibraltar. Die Wetteranalyse zeigt starke Ostwinde für 24h, die uns mit Wucht durch die Meerenge treiben sollten, danach Flaute. Das Azorenhoch liegt in den nächsten Tagen nicht dort wo es hingehört. Das stört die normalerweise vorherrschende gleichmäßige Strömung aus Nord. Wir planen deshalb, zunächst Kurs auf Madeira zu nehmen. Etwas mehr Wind und etwas bessere Windwinkel legen das nahe. Und: Madeira klingt gut.
Mit herzlichen Grüßen von B und M / SY VERA /
1-Gibraltar »Mainstreet«

2-Die »Mediterranean steps«

3-Faule Affen auf der »Charles the Vth wall«

4-Die »Charles the Vth wall«

5 - Frachtschiffe auf Reede, unten die »Queensway Quay Marina«

6 - VERA in der »Queensway Quay Marina«

Gibraltar: Ein merkwürdiger Ort, voll bizarrer Brüche, Narben und Geschichten. Mächtige Befestigungsanlagen, die aus dem Fels heraus zu wachsen scheinen, Geschützbettungen überall, titanische Waffen auf drehbaren Lafetten. Die Altstadt dahinter, altenglisch, ohne Abstriche, aber voller Touristen auf der »Mainstreet«. Perfekten »Fish and Chips« gibt es beim »Angry Friar«, einem ehrwürdigen »Inn« wie aus dem Bilderbuch. Hinter der Altstadt der markante, blonde Felsen, eine der beiden Säulen des Herkules. Wir erwandern uns Gibraltar, auf Pfaden, die selten begangen werden. Zum höchsten Punkt, von Osten kommend, hinauf über die atemberaubend schönen »Mediterranean steps«, hinab über die steilen Treppen der »Charles the Vth wall«, vorbei an, oder über, Horden von freundlichen Makaken steigend, die nach unseren Vorräten trachten. Eine weitere Tour führt uns rund um den Felsen, zu Fuß, und durch den für Fußgänger verbotenen, unheimlich dunklen »Dudley Ward tunnel«. Ein Einheimischer Jogger gab uns den Tip, die Verbotsschilder einfach zu übersehen, so wie er, seit zwanzig Jahren… Erfrischungen bekommen wir jeweils auf der »SY SASSOON«, neue Freunde aus Australien, die wie wir, demnächst über den Atlantik wollen. Intensive Gespräche drehen sich um Alles, und um das Wetter. Sie wollen auch bald weiter, auf keinen Fall hängenbleiben, wie so viele hier. Es ist bequem hier in Gibraltar, nicht zu teuer, die Versorgungslage sehr gut, bis hin zum verlässlichen Internetanschluss von »Gibtel«…
Aber: Der hochoktanige Straßenverkehr kostet Nerven. Neben hunderttausend Scootern gehören hochgezüchteten Motorrädern und der neue Range Rover zur Standartausrüstung. Ein Mietwagen hat keinen Zweck, denn ein Parkplatz für die Nacht wäre »unavailable«. Es ist heiß in der Stadt, stickig und feucht, die alten Gemäuer gammeln vor sich hin, meist riecht es schimmlig, oder nach Abwasser. Draußen auf Reede liegen hundert Handelsschiffe und stoßen schwefelige Abgase aus, die gelblich über die Stadt wabern, ein wenig wie in Venedig, aber weniger romantisch. In der Marina treibt Unrat und ein feiner Ölfilm, der nach Diesel riecht. Neuere Architektur gibt es auch, die die alten Mauern überwuchert wie ein bösartiger Krebs. Baulärm dröhnt über die Stadt, von Presslufthämmern und gewaltigen Rammen. Ein guter Teil der meist unsäglich schlecht gemachten Neubauten steht auf aufgeschüttetem Meeresgrund, außerhalb der alten Befestigungen aus der Zeit Nelsons. Eine Wohnwabe hier mit Blick, und ein gut bezahlter Job, als Projektleiter vielleicht? Bitte nicht. Viele Einheimische wirken gestresst. Das Smartphone am Ohr, ein Namensschild am »white collar«, eine swipe card am Gürtel, feine Krawatten, englische Lederschuhe, so eilen sie im Geschwindschritt durch die Gassen. Gibraltar ist ein Ort, an dem Geschäfte gemacht werden, schnell und effektiv. Die »Gaming Industry« ist stark vertreten hier, so erzählt man uns. Aha. Die sozialen Unterschiede sind groß. Das Spektrum reicht von den ein wenig arrogant wirkenden Engländern zu den Spanisch sprechenden Bediensteten, dazwischen alteingesessene, die sich mit Hilfe eines kuriosen, schwer verständlichen Gebräus aus English und Spanisch verständigen.
Gestern Abend war dann noch, ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel das Wetter English. In der Queensway Quay Marina sah man die Hand vor Augen nicht. Dichter Nebel und alles nass… Also nichts wie weg. Morgen, Donnerstag, den 01. September, nach Tagesanbruch und einer spannenden Woche Gibraltar. Die Wetteranalyse zeigt starke Ostwinde für 24h, die uns mit Wucht durch die Meerenge treiben sollten, danach Flaute. Das Azorenhoch liegt in den nächsten Tagen nicht dort wo es hingehört. Das stört die normalerweise vorherrschende gleichmäßige Strömung aus Nord. Wir planen deshalb, zunächst Kurs auf Madeira zu nehmen. Etwas mehr Wind und etwas bessere Windwinkel legen das nahe. Und: Madeira klingt gut.
Mit herzlichen Grüßen von B und M / SY VERA /
1-Gibraltar »Mainstreet«

2-Die »Mediterranean steps«

3-Faule Affen auf der »Charles the Vth wall«

4-Die »Charles the Vth wall«

5 - Frachtschiffe auf Reede, unten die »Queensway Quay Marina«

6 - VERA in der »Queensway Quay Marina«

004 - NACH GIBRALTAR
23/08/16 00:00 Gibraltar
Liebe Freunde!
Faule Tage in Porto Pino / Sardegna gehen zu Ende. Die VERA und ihre gut ausgeruhte Crew liegen startbereit vor Anker. Die neue Waschmaschine ist an Bord und das alte D2 - Toggle auf dem Navitisch. Die tägliche Analyse der Wetterdaten (jawohl, wir gehören auch zu den furchtsamen Wetterfenster Abwartern) verheißt vielversprechendes. Nonstop nach Gibraltar, ca. 700sm, könnte gehen. So lassen wir die überfüllten Balearen rechts liegen. Der, laut Vorhersage, von Norden einsetzende Mistral aus dem Golfe du Lion sollte uns nicht allzu hart erwischen, und später für einen sauberen ENE durch die Alboransee sorgen…
Am 20.08. laufen wir aus, in aller Frühe, bei glattem Wasser, und einer sympathischen, ganz leichten Brise aus S, die das Boot so gerade zu krängen vermag, und leise zum gluckern bringt. Den ganzen Tag über lässt es sich wunderbar segeln, bei strahlend blauem Himmel und warmer Luft, Kurs immer um die 255 Grad, also direkt auf Gibraltar zu. Erst am Abend setzt eine ominöse, diesige Flaute ein. Vorsichtshalber motoren wir bis 3 Uhr früh, um ein paar Meilen zwischen uns und die kapriziöse Südwestecke Sardiniens zu bringen. Man weiß ja nie. Dann kommt der Wind, wie versprochen, aus N. Und er hat Kraft. Das Boot freut sich und läuft, über 8kn zumeist. Endlich. Fast dachten wir, es geht nicht mehr. In der zweiten Nacht ist dann auch der passende Seegang da. Wir schlucken Meclozine und harren der Dinge. Wasser an Deck, Druck in der Luft, ein fahler Mond hinter jagenden Wolken. Ätzend. Was machen wir hier? Morgen früh gäbe es einen langen Waldspaziergang und danach feine Croissants mit Milchcafé… wenn wir zuhause wären. Aber wo ist zuhause jetzt? Vielleicht hier draußen? Am Morgen finden sich 3 verstorbene Tintenfische an Deck. Tot, in ihrer Tinte. Eine stattliche Meeresschildkröte passiert souverän im Kielwasser. Die aufgeregten Wolken von fliegenden Fische deuten auf Räuber im Wasser hin, Goldmakrelen oder Thunfische vielleicht. Zum Angeln ist uns nicht zumute. Die Sauerei, Ihr versteht schon. Noch weht es hart aus N, dann aus NNE. Immerhin zeigt der Sonnenuntergang den famosen »green blink«, just in dem Augenblick, als eine Herde Delfine munter um die VERA herumtobt. Zumindest dem Anschein nach gibt es im Mittelmeer noch wilde Tiere, trotz Überfischung, Öl und Plastikmüll. Zwei Hochseeangler mit einem klassischen »Sportsfisherman«, die wir in Carloforte trafen, schwärmten jedenfalls von famosen Fängen auf ihrer Überführung von der Algarve nach Sardinien. Vielleicht ist da doch noch Hoffnung.
Am Morgen hat der Wind auf ENE gedreht, wie erwartet. Eine Halse steht an. Nicht die reine Freude, bei der Geigerei, unter »preventertem« Groß und der Genua auf dem Spibaum. Wir benötigen fast eine halbe Stunde dafür, zu zweit. Danach sind wir platt. Zuviel Zivilisation, oder so. Und fehlende Routine. Die richtigen Handgriffe in der richtigen Reihenfolge sitzen nicht mehr richtig. Später bringt der Tag leicht abnehmenden Wind und, wie erhofft, eine so eben einsetzende Normalität, die erst der mehrtägige Törn möglich macht. Duschen, kochen, essen, alles halbwegs in guter Ordnung. Ein wenig Spanisch könnte in Zukunft nicht schaden? Das i-pad hilft beim Vokabeln lernen. Ab und an holen wir die Gitarre hervor. M bricht sich die Finger am Eingang zur Etude No-1. Danke, Bernhard, für Alles.
Wieder wird es Nacht. Der abnehmende Mond geht jetzt immer später auf. Das bringt spektakuläre Sternenhimmel, mit einer Milchstraße, wie wir sie lange nicht mehr gesehen haben. Glück: Auf dem Brückendeck auf dem Rücken liegen und die Okulare des ehrwürdigen, sauschweren Hensoldt 7x50 Marineglases auf den Augen absetzen. Dann langsam schwenken. Saturn und Mars passieren sich derzeit, wie streitbare Ritter beim Turnier. I-pad und »skyview« app? Nerviger Mist. Keine Schiffe weit und breit, auch nicht auf dem »AIS«. Wir sind allein.
Dann die Alboransee, zu früh eigentlich. Capo del Gata bleibt STB querab, 20sm entfernt. 20kn aus ENE, immer noch. Die VERA läuft, 7kn, oder 8, vorbei an der prächtig aus dem Dunst aufsteigenden Sierra Nevada, mit ihren bis zu 3.500m hohen Gipfeln. Irgendwo dahinter muss Granada liegen. Klangvoller Name. Und nie haben wir es dorthin geschafft, nicht mit dem Rad und nicht mit dem Auto, in all den Jahren. Morgen vor Sonnenuntergang in Gibraltar? Dann ein Mietwagen für Andalusien? Möglich, wenn der Wind hält.
Hier, am Ausgang des Mittelmeeres, sehen wir jetzt auch Schiffe. Viele Schiffe. Wir halten uns nördlich des Dampfertreks und hoffen auf die Umsicht der Kapitäne. Unser aktives »AIS« bringt uns auf deren digitale Karten, und auch wir wissen ziemlich gut Bescheid, was da so vorbei läuft. Das beruhigt die Nerven, die damals beim Überqueren der Malakkastraße im Jahre 2008 noch blank lagen. Die tatsächlichen Ausmaße des weltweiten Handels werden an solchen Orten erfahrbar. Hier geht es ein wenig zu, wie auf der A2, auf der ich (M) über eine halbe Million Kilometer vor, hinter und neben dicken Lastwagen auf- und abgefahren bin. Nur das auf einen großen Containerdampfer über 10.000 Seecontainer passen und nicht bloß einer. In der Nacht verwechselt man uns zwei mal mit einem ausweichpflichtigen Motorboot, das zu disziplinieren ist. Per »UKW« Funk klären wir jeweils die Situation, Segel oben, langsam, manöverierbehindert, nix Motor oder so. Dank »AIS« kennen wir die »MMSI« Nummer der Kandidaten und können sie am »DSC - UKW« direkt anrufen. Tolle Sache, die astrein funktioniert. Und nett ist man zu uns. »Good evening, sir… I‘ll alter course to starboard for you! Have a good watch.« mit baltischem, oder mit indischem Akzent gesprochen, das hat Charakter.
Endspurt: Der letzte Tag auf See zieht sich. Obwohl wir noch um die 7kn durchs Wasser laufen, kommen wir kaum mit 5kn voran. Durch die Straße von Gibraltar strömt das Wasser mit 2kn gen Osten, und das kostet Zeit. Am Ende erreichen wir die Säulen des Herkules am späten Nachmittag und die Queensway Quay Marina im Hafen von Gibraltar gerade so vor Sonnenuntergang. Per Telefon will man uns keinen Liegeplatz geben, aber ein zweiter Versuch auf dem UKW Radio bringt den Erfolg. B überredet die Betreiber, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Reserviert hatten wir erst ab Morgen… Alles bestens. Wir sind angekommen. Und glücklich.
Gibraltar? Bericht folgt.
_________________/)______________________________________________________
Mit herzlichen Grüßen von B und M / SY VERA / Queensway Quay Marina / Gibraltar
1-Gleich kommt der »green blink«

2-Die Segel

3-Der berühmte Felsen

4-Die Route (blaue Raute = Mittagsposition)

Faule Tage in Porto Pino / Sardegna gehen zu Ende. Die VERA und ihre gut ausgeruhte Crew liegen startbereit vor Anker. Die neue Waschmaschine ist an Bord und das alte D2 - Toggle auf dem Navitisch. Die tägliche Analyse der Wetterdaten (jawohl, wir gehören auch zu den furchtsamen Wetterfenster Abwartern) verheißt vielversprechendes. Nonstop nach Gibraltar, ca. 700sm, könnte gehen. So lassen wir die überfüllten Balearen rechts liegen. Der, laut Vorhersage, von Norden einsetzende Mistral aus dem Golfe du Lion sollte uns nicht allzu hart erwischen, und später für einen sauberen ENE durch die Alboransee sorgen…
Am 20.08. laufen wir aus, in aller Frühe, bei glattem Wasser, und einer sympathischen, ganz leichten Brise aus S, die das Boot so gerade zu krängen vermag, und leise zum gluckern bringt. Den ganzen Tag über lässt es sich wunderbar segeln, bei strahlend blauem Himmel und warmer Luft, Kurs immer um die 255 Grad, also direkt auf Gibraltar zu. Erst am Abend setzt eine ominöse, diesige Flaute ein. Vorsichtshalber motoren wir bis 3 Uhr früh, um ein paar Meilen zwischen uns und die kapriziöse Südwestecke Sardiniens zu bringen. Man weiß ja nie. Dann kommt der Wind, wie versprochen, aus N. Und er hat Kraft. Das Boot freut sich und läuft, über 8kn zumeist. Endlich. Fast dachten wir, es geht nicht mehr. In der zweiten Nacht ist dann auch der passende Seegang da. Wir schlucken Meclozine und harren der Dinge. Wasser an Deck, Druck in der Luft, ein fahler Mond hinter jagenden Wolken. Ätzend. Was machen wir hier? Morgen früh gäbe es einen langen Waldspaziergang und danach feine Croissants mit Milchcafé… wenn wir zuhause wären. Aber wo ist zuhause jetzt? Vielleicht hier draußen? Am Morgen finden sich 3 verstorbene Tintenfische an Deck. Tot, in ihrer Tinte. Eine stattliche Meeresschildkröte passiert souverän im Kielwasser. Die aufgeregten Wolken von fliegenden Fische deuten auf Räuber im Wasser hin, Goldmakrelen oder Thunfische vielleicht. Zum Angeln ist uns nicht zumute. Die Sauerei, Ihr versteht schon. Noch weht es hart aus N, dann aus NNE. Immerhin zeigt der Sonnenuntergang den famosen »green blink«, just in dem Augenblick, als eine Herde Delfine munter um die VERA herumtobt. Zumindest dem Anschein nach gibt es im Mittelmeer noch wilde Tiere, trotz Überfischung, Öl und Plastikmüll. Zwei Hochseeangler mit einem klassischen »Sportsfisherman«, die wir in Carloforte trafen, schwärmten jedenfalls von famosen Fängen auf ihrer Überführung von der Algarve nach Sardinien. Vielleicht ist da doch noch Hoffnung.
Am Morgen hat der Wind auf ENE gedreht, wie erwartet. Eine Halse steht an. Nicht die reine Freude, bei der Geigerei, unter »preventertem« Groß und der Genua auf dem Spibaum. Wir benötigen fast eine halbe Stunde dafür, zu zweit. Danach sind wir platt. Zuviel Zivilisation, oder so. Und fehlende Routine. Die richtigen Handgriffe in der richtigen Reihenfolge sitzen nicht mehr richtig. Später bringt der Tag leicht abnehmenden Wind und, wie erhofft, eine so eben einsetzende Normalität, die erst der mehrtägige Törn möglich macht. Duschen, kochen, essen, alles halbwegs in guter Ordnung. Ein wenig Spanisch könnte in Zukunft nicht schaden? Das i-pad hilft beim Vokabeln lernen. Ab und an holen wir die Gitarre hervor. M bricht sich die Finger am Eingang zur Etude No-1. Danke, Bernhard, für Alles.
Wieder wird es Nacht. Der abnehmende Mond geht jetzt immer später auf. Das bringt spektakuläre Sternenhimmel, mit einer Milchstraße, wie wir sie lange nicht mehr gesehen haben. Glück: Auf dem Brückendeck auf dem Rücken liegen und die Okulare des ehrwürdigen, sauschweren Hensoldt 7x50 Marineglases auf den Augen absetzen. Dann langsam schwenken. Saturn und Mars passieren sich derzeit, wie streitbare Ritter beim Turnier. I-pad und »skyview« app? Nerviger Mist. Keine Schiffe weit und breit, auch nicht auf dem »AIS«. Wir sind allein.
Dann die Alboransee, zu früh eigentlich. Capo del Gata bleibt STB querab, 20sm entfernt. 20kn aus ENE, immer noch. Die VERA läuft, 7kn, oder 8, vorbei an der prächtig aus dem Dunst aufsteigenden Sierra Nevada, mit ihren bis zu 3.500m hohen Gipfeln. Irgendwo dahinter muss Granada liegen. Klangvoller Name. Und nie haben wir es dorthin geschafft, nicht mit dem Rad und nicht mit dem Auto, in all den Jahren. Morgen vor Sonnenuntergang in Gibraltar? Dann ein Mietwagen für Andalusien? Möglich, wenn der Wind hält.
Hier, am Ausgang des Mittelmeeres, sehen wir jetzt auch Schiffe. Viele Schiffe. Wir halten uns nördlich des Dampfertreks und hoffen auf die Umsicht der Kapitäne. Unser aktives »AIS« bringt uns auf deren digitale Karten, und auch wir wissen ziemlich gut Bescheid, was da so vorbei läuft. Das beruhigt die Nerven, die damals beim Überqueren der Malakkastraße im Jahre 2008 noch blank lagen. Die tatsächlichen Ausmaße des weltweiten Handels werden an solchen Orten erfahrbar. Hier geht es ein wenig zu, wie auf der A2, auf der ich (M) über eine halbe Million Kilometer vor, hinter und neben dicken Lastwagen auf- und abgefahren bin. Nur das auf einen großen Containerdampfer über 10.000 Seecontainer passen und nicht bloß einer. In der Nacht verwechselt man uns zwei mal mit einem ausweichpflichtigen Motorboot, das zu disziplinieren ist. Per »UKW« Funk klären wir jeweils die Situation, Segel oben, langsam, manöverierbehindert, nix Motor oder so. Dank »AIS« kennen wir die »MMSI« Nummer der Kandidaten und können sie am »DSC - UKW« direkt anrufen. Tolle Sache, die astrein funktioniert. Und nett ist man zu uns. »Good evening, sir… I‘ll alter course to starboard for you! Have a good watch.« mit baltischem, oder mit indischem Akzent gesprochen, das hat Charakter.
Endspurt: Der letzte Tag auf See zieht sich. Obwohl wir noch um die 7kn durchs Wasser laufen, kommen wir kaum mit 5kn voran. Durch die Straße von Gibraltar strömt das Wasser mit 2kn gen Osten, und das kostet Zeit. Am Ende erreichen wir die Säulen des Herkules am späten Nachmittag und die Queensway Quay Marina im Hafen von Gibraltar gerade so vor Sonnenuntergang. Per Telefon will man uns keinen Liegeplatz geben, aber ein zweiter Versuch auf dem UKW Radio bringt den Erfolg. B überredet die Betreiber, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Reserviert hatten wir erst ab Morgen… Alles bestens. Wir sind angekommen. Und glücklich.
Gibraltar? Bericht folgt.
_________________/)______________________________________________________
Mit herzlichen Grüßen von B und M / SY VERA / Queensway Quay Marina / Gibraltar
1-Gleich kommt der »green blink«

2-Die Segel

3-Der berühmte Felsen

4-Die Route (blaue Raute = Mittagsposition)

003 - ISLA ANTIOCHO
02/08/16 00:00 Italy
Liebe Freunde!
Waschmaschine! Waschmaschine? Sicher denkt Ihr jetzt, dass wir in einen Sturm geraten, und ordentlich getunkt wurden? Leider nicht…
Eigentlich sollten wir längst auf dem Weg gen Westen sein. Stattdessen bummeln wir noch immer durch die traumhaften Buchten an der Südküste Sardiniens, mit ihren weißen Stränden, archaischen Wachtürmen und romantischen Fischerhäfen. Und es ist schön hier! Der Anblick der Berge, blau gestaffelt hintereinander im morgendlichen Dunst ist ein Gedicht, vor allem mit einer großen Lieblingstasse Earl Grey in der Hand. Und bei all dem genug Zeit, die Seele baumeln zu lassen! Ach übrigens: Carloforte und Nicolo‘s feines Restaurant haben es doch vor zwei Wochen tatsächlich bis in den »Spiegel online« geschafft.
Jedenfalls geht es uns gut, fast perfekt. Fast. Da ist zum einen das fehlende Gefühl großartiges geleistet zu haben. Es ist lange her, das wir seglerisch nennenswertes gerissen hätten. Das Boot schreit nach Meilen, und das laut und vernehmlich. Unser eigentliches Problem aber sind zwei kleine, aber nicht unrelevante technische Probleme, die sich kürzlich ergeben haben. Zum einen wäre da ein Haarriss in einem Toggle der Backbord D2 Wanten, Photo siehe unten. Das Ding ist mit bloßem Auge nicht sichtbar. Erst die Mikroskop Funktion unserer neuen kleinen Olympus hat uns darauf gebracht. Hätte böse ausgehen können. Das Ersatzteil ist zum Glück inzwischen bei Guiseppe und harrt dem Einbau. Warum nicht gleich? Wegen Problem Nummer zwei. Waschmaschine? Genau, die ist jetzt nämlich plötzlich hin, einfach so, von einem Waschgang in den anderen. Die Hoffnung, das es nur das Magnetventil am Einlauf ist, bestätigte sich nicht. Wahrscheinlich ist das heute unvermeidliche »Motherboard« über den Jordan. Jetzt denkt Ihr wahrscheinlich: Waschmaschine? Auf dem kleinen Kahn? Spinnen die? Und auf gewisse Weise habt Ihr ja recht damit. »Keep it simple« ist etwas anderes… B und ich sind da eher so reingeschlittert. Nachdem wir damals vor der ersten Reise im Jahre 2006 eine Meerwasserentsalzungsanlage eingebaut hatten, verfügten wir plötzlich über ausreichend frisches Wasser. Freunde von anderen Booten überredeten uns dann zur Anschaffung der winzigen »Euronova« Waschmaschine, der kleinsten von vorne zu beladenen Haushaltswaschmaschine der Welt. Und irgendwie hatten sie recht. Nein, eigentlich hatten sie total recht. Es gibt doch nichts schöneres, als frisch gewaschene Wäsche, so ganz ohne juckendem Salz und so. Und die Waschsalons dieser Welt variieren erheblich in der Qualität und sind nicht immer billig. Die kleine »Euronova« dagegen kostet nicht die Welt, vor allem, wenn man die gesalzenen Preise für ganz banaler Bootsausrüstung betrachtet. Das Problem war der Einbau, aber den erspare ich Euch jetzt. Nach reiflicher Überlegung haben wir bei einem netten Händler in Rostock eine neue »Euronova« bestellt. Vor zehn Tagen ungefähr, Lieferung nach Carloforte in den nächsten Tagen, oder so… Wir bleiben solange auf »standby«.
><((((º>`·.¸¸.·´¯`·.¸.·´¯`·...¸><((((º>¸.
`·.¸¸.·´¯`·.¸.·´¯`·...¸><((((º>`·.¸¸.·´¯`·.¸.·´¯`· ...¸><((((º>
Mit ganz lieben Grüßen von B und M / SY VERA / Cala die Coqquaddus / Isla Antiocho / Italia
1 Die blauen Berge.

2 Der Haarriss im Toggle der BB D2 Wanten

3 Der Haarriss im Toggle der BB D2 Wanten

Waschmaschine! Waschmaschine? Sicher denkt Ihr jetzt, dass wir in einen Sturm geraten, und ordentlich getunkt wurden? Leider nicht…
Eigentlich sollten wir längst auf dem Weg gen Westen sein. Stattdessen bummeln wir noch immer durch die traumhaften Buchten an der Südküste Sardiniens, mit ihren weißen Stränden, archaischen Wachtürmen und romantischen Fischerhäfen. Und es ist schön hier! Der Anblick der Berge, blau gestaffelt hintereinander im morgendlichen Dunst ist ein Gedicht, vor allem mit einer großen Lieblingstasse Earl Grey in der Hand. Und bei all dem genug Zeit, die Seele baumeln zu lassen! Ach übrigens: Carloforte und Nicolo‘s feines Restaurant haben es doch vor zwei Wochen tatsächlich bis in den »Spiegel online« geschafft.
Jedenfalls geht es uns gut, fast perfekt. Fast. Da ist zum einen das fehlende Gefühl großartiges geleistet zu haben. Es ist lange her, das wir seglerisch nennenswertes gerissen hätten. Das Boot schreit nach Meilen, und das laut und vernehmlich. Unser eigentliches Problem aber sind zwei kleine, aber nicht unrelevante technische Probleme, die sich kürzlich ergeben haben. Zum einen wäre da ein Haarriss in einem Toggle der Backbord D2 Wanten, Photo siehe unten. Das Ding ist mit bloßem Auge nicht sichtbar. Erst die Mikroskop Funktion unserer neuen kleinen Olympus hat uns darauf gebracht. Hätte böse ausgehen können. Das Ersatzteil ist zum Glück inzwischen bei Guiseppe und harrt dem Einbau. Warum nicht gleich? Wegen Problem Nummer zwei. Waschmaschine? Genau, die ist jetzt nämlich plötzlich hin, einfach so, von einem Waschgang in den anderen. Die Hoffnung, das es nur das Magnetventil am Einlauf ist, bestätigte sich nicht. Wahrscheinlich ist das heute unvermeidliche »Motherboard« über den Jordan. Jetzt denkt Ihr wahrscheinlich: Waschmaschine? Auf dem kleinen Kahn? Spinnen die? Und auf gewisse Weise habt Ihr ja recht damit. »Keep it simple« ist etwas anderes… B und ich sind da eher so reingeschlittert. Nachdem wir damals vor der ersten Reise im Jahre 2006 eine Meerwasserentsalzungsanlage eingebaut hatten, verfügten wir plötzlich über ausreichend frisches Wasser. Freunde von anderen Booten überredeten uns dann zur Anschaffung der winzigen »Euronova« Waschmaschine, der kleinsten von vorne zu beladenen Haushaltswaschmaschine der Welt. Und irgendwie hatten sie recht. Nein, eigentlich hatten sie total recht. Es gibt doch nichts schöneres, als frisch gewaschene Wäsche, so ganz ohne juckendem Salz und so. Und die Waschsalons dieser Welt variieren erheblich in der Qualität und sind nicht immer billig. Die kleine »Euronova« dagegen kostet nicht die Welt, vor allem, wenn man die gesalzenen Preise für ganz banaler Bootsausrüstung betrachtet. Das Problem war der Einbau, aber den erspare ich Euch jetzt. Nach reiflicher Überlegung haben wir bei einem netten Händler in Rostock eine neue »Euronova« bestellt. Vor zehn Tagen ungefähr, Lieferung nach Carloforte in den nächsten Tagen, oder so… Wir bleiben solange auf »standby«.
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Mit ganz lieben Grüßen von B und M / SY VERA / Cala die Coqquaddus / Isla Antiocho / Italia
1 Die blauen Berge.

2 Der Haarriss im Toggle der BB D2 Wanten

3 Der Haarriss im Toggle der BB D2 Wanten
