022 - MIT DEM PASSAT NACH CABO VERDE
27/07/17 00:00 Cabo Verde
Hallo Ihr Lieben!
Passat. Passatbewölkung. Viermastbark PASSAT auf Salpeterfahrt. Warmer Wind von achtern, Beaufort 3-4. Kurs um die 220 Grad, tagelang. Der kühle Kanarenstrom fördert unser Fortkommen. Das Meer zwischen den weißen Katzenköpfen so blau, das man die Feder gleich eintauchen möchte. Im Kielwasser trudelt der Schleppgenerator und erzeugt Strom, den ich jetzt vertippe. Teppiche von fliegenden Fischen rascheln über die Wogen, gejagt von gierigen Golddoraden und fetten Thunfischen. Das große Fressen. Nachts landen fliegende Fische stinkend und zappelnd im Schlafsack und Tintenfische vergießen an Deck ihre letzte Tinte. Die VERA rollt kräftig im Seegang. Festhalten! Gut, das wir vorgekocht haben: Ein auskömmlicher Linseneintopf »ERE style« ohne Reis, aber zusätzlich mit Erdnusssauce und Kokosmilch für mindestens drei Abende und Nächte. Angeln? Die Ausrüstung dazu hätten wir. Aber die Mordlust bleibt aus. Wir sind wohl nicht hungrig genug.
B hat sich beim schwierigen Ablegemanöver in La Restinga einen bösen Hexenschuss zugezogen, der vor allem beim Sitzen üble Schmerzen verursacht. Zum Glück gibt es wenig zu tun. Die Genua zieht wie ein gut gefütterter Vierspänner, während das Großsegel friedlich unter seiner Baumpersenning faulenzt. Der Verschleiß wäre erheblich, wenn es jetzt ebenfalls gesetzt wäre. Genau platt vor dem Wind würden die langen Segellatten durch das Rollen des Bootes ständig überschlagen und die kugelgelagerten Mastrutscher erheblich strapazieren. Der Lärm wäre nervtötend. Das Segel würde an den Hinterkanten der Salinge aufliegen und ordentlich scheuern. Alles nicht gut. Und teuer. Früher, als wir jung waren, hätten wir darauf keine Rücksicht genommen, hätten aus solchen Tagen 180 Seemeilen geholt und nicht bloß 150, wären früher da gewesen. Doch wozu? Ein weiterer Tag auf See ist bei diesen Bedingungen allemal attraktiv. Die VERA, ein altes und eher unbequemes Regattaboot für zehn harte Männer, segelt auch noch ganz anständig wenn man sie nicht fordert. Das hilft uns jetzt zu einem bequemen Leben. Kaum Arbeit mit den Segeln, Zeit für Rückengymnastik.
Sind die Anflüge von Seekrankheit erst einmal überwunden, dann kann man auf Passage viel Freiraum finden. Endlich in Ruhe Gitarre spielen. Grübeln, in langen Nachtwachen: Hat mein Dasein eine Bedeutung, oder ist eigentlich alles egal? Wann ist man als Mensch authentisch? Kann man der Autor des eigenen Lebens sein und dabei bei der Wahrheit bleiben? Stimmt es, das Salzwasser gegen alles hilft, sogar gegen das Leiden an der eigenen Existenz? Man könnte auch polieren, putzen, takeln oder irgendetwas reparieren. Das Boot noch besser machen, für alle Fälle. Ist Perfektionismus eine Charakterschwäche? Vernünftig ist er jedenfalls nicht. Aber: Perfektion hat etwas mit Qualität zu tun. Doch was ist Qualität? Noch mal nachlesen bei Robert Pirsig… Betrachten wir zum Beispiel einmal einen banalen Tauwerkschäkel. Jahrelang dachte ich, das ich diese praktischen Konstruktionen aus Dyneema verstanden hätte, und lebte mit dem guten Gefühl überlegenen Wissens. Dann kam ein Freund und zeigte mir, wie es besser geht. Sein Tauwerkschäkel mit »Button Knot« ist nicht ganz einfach zu knüpfen, verfügt aber über überragende Haltekraft, ist Handwerkskunst, ist Qualität, ist Abenteuer im Raum… Ist das jetzt schon autistisch? Egal.
Am vierten Tag wird der Passat löchrig und flau, wie erwartet. Unsere nunmehr saubere Iridium Verbindung verhilft uns jeder Zeit zu aktuellen Wetterdaten (»GRIB files«) über Satelliten, und das erhebende Gefühl, in die Zukunft blicken zu können. Flaute bis morgen Abend, dann auffrischender NO, der uns bis Sonntag Mittag nach Mindelo bringen sollte. Übermenschliche Fähigkeiten, die wir anderen verdanken. Denjenigen, die die Arbeit gemacht haben.
An Backbord, keine 300 Seemeilen querab: Afrika, die Wüste, Westsahara, Mauretanien. Die Menschen dort haben andere Sorgen: Korruption, Stellvertreterkriege, Lebensregeln und Ehrbegriffe aus dem Mittelalter. Wir sind privilegiert. Das ist uns bewusst. Es tut gut, das wir hier unbehelligt segeln können. Keine Schiffe, Leere, niemand da, selbst auf dem »AIS«. Wir segeln außerhalb der Dampferrouten. Das Meer ist sauber, bis zum Horizont, jedenfalls auf den ersten Blick. Hier draußen gibt es sie noch: Die letzten unregulierten Räume der Erde, die letzte Wildnis, das letzte Abenteuer. Ich glaube, das viele Menschen ein Bedürfnis danach in ihren Herzen tragen. Vor einigen Wochen war der Artikel »Allrad LKW für die Weltreise / Diese Wohnung wühlt sich durch« tagelang der meistgelesene Beitrag auf »spiegel online«… Tolle Autos, keine Frage. Aber: »The only noble thing a man can do with money is to build a schooner.« - Robert Louis Stevenson.
Die letzte Nachtwache: Und endlich, ein ungeheurer Sternenhimmel mit leuchtender Milchstraße über der VERA, der erste seit einiger Zeit, wie im Planetarium. Der Polarstern, achteraus, nicht mehr weit vom Horizont. Voraus ahnt man sie schon, die Wunder des südlichen Firmamentes. Mit Onkel Hensoldt auf Streifzug: Jupiter regiert im Westen. Saturn reitet derzeit den Skorpion. Wir freuen uns auf den Süden. Und sein Crux.
Sonntag, 23.07.2017 gegen Mittag: Land in Sicht. Die kapverdischen Insel Santo Antão voraus im Dunst. Der Himmel bleigrau, Nieselregen, der versprochene Wind blieb aus. Motor an. Wir wollen den Törn bis zum Einbruch der Dunkelheit zu Ende bringen. Auf der Reede von Mindelo, dem Hafen der Insel São Vicente, sollen jede Menge unbeleuchtete Wracks liegen, die in keiner Karte verzeichnet sind… Ein paar Stunden später drückt uns der kräftige Passat (kam doch noch…) mit schäumender Bugwelle in die Passage zwischen Santo Antão und São Vicente. Phantastische, grüne Berge an Backbord und Steuerbord. Glück. Momente, die man nirgendwo kaufen kann.
Mindelo: Der erste Eindruck ist wenig heimelig. Kahle, sandige Vulkanhügel, ein eklektisches Sammelsurium von überwiegend hässlichen Bauten am Ufer, Raffinerien, Industrie, dritte Welt. Tatsächlich wird die Reede als billiger, inoffizieller Schrottplatz benutzt; von klammen Reedereien aus aller Welt? Die Republik Cabo Verde mit kaum einer halben Million Einwohner ist ein armes Land, das sich nicht dagegen wehren kann. Andererseits sieht man allerhand provisorische Werftbetriebe, die offenbar mit dem Zerlegen von Wracks beschäftigt sind. Wir werfen den Anker vor der Stadt und köpfen eine Flasche Weisswein. Dazu Melone mit Jamón serrano. Und dann ins Bett.
Am nächsten Morgen bringen wir BOUNCE, das kleine Beiboot der VERA zu Wasser. Unser netter Nachbar am Ankerplatz, ein junger Deutscher aus Mozambique, der hier an seiner hübschen roten Stahlketsch malt, sagt uns gleich, was wir wissen müssen: Sicherer Dinghisteg beim Hochseefischerclub, einklarieren bei der Hafenbehörde am großen Fährterminal, gar nicht zu verfehlen, bloß aufpassen auf den 15PS Zweitakter… das ist alles leicht und schnell gemacht. Ein wenig landkrank wanken wir bald danach durch die Gassen von Mindelo. Da gibt es wunderbare Bauten aus der Kolonialzeit. Das meiste ist in schlechtem Zustand, aber manches hat man doch nett hergerichtet. Wir meandern ins »La Pergola«: Besser sitzt man kaum irgendwo auf der Welt zum Frühstück. Viele »Expats« haben hier Unternehmen gegründet, die ganz gut zu laufen scheinen. Restaurants, Cafés, Bars, »Big Game fishing«, Tauchen, Design. Vieles nimmt Bezug zur lokalen Musikszene, die weltbekannt ist und in beinahe jedem Reisebericht gefeiert wird.
Was fällt uns auf? Manches erinnert an Port Vila, Vanuatu. Ein wuseliger Ort, Schnittstelle zwischen erster und dritter Welt. Sprachfetzen wehen uns an, Portugiesisch, Französisch, Englisch, Crioulo, kein Spanisch. Schöne Menschen, groß und auffallend schlank, oft geschmackvoll gekleidet, die in alle Richtungen wimmeln. Superfreundlich sind sie nicht. Als offensichtlicher Tourist blickt man meist in verschlossene Gesichter, vielleicht gerade, weil man selbst so blöde grinst. Photographieren mag ich (M) nicht und B sowieso nicht. Zu aufdringlich, irgendwie. Hin und wieder wird man dezent angebettelt. Aber überall wird gut aussehendes Gemüse verkauft und Fisch. Die wunderbar restaurierte, zweistöckige Markthalle ist ein Fest für die Sinne. Taxiunternehmen setzen in der Mehrzahl auf Qualitätsprodukte aus Sindelfingen und fahren gut damit. Viele freundliche Straßenhunde. Datenkarten für das Internet gibt es in diesem weißen Hightech Pavillon aus Glas, gleich am Hafen. Big business, wie inzwischen überall auf der Welt: Security am Eingang, Klimaanlage, Angestellte in Uniformen alles klinisch rein. Viel farbenprächtige Kundschaft. Mit einem Smartphone bist du angekommen, in der ersten Welt, hast alle Zwischenstufen übersprungen. Das Internet ist der neue Übercortex. Da möchte man doch dabei sein?
Bleiben wollen wir nicht. Ein ganzes Jahr wäre noch unzureichend, um diese sandigen Inseln zu erkunden. 80 Liter extra Diesel in Kanistern sind gebunkert und alle Gasflaschen gefüllt. Morgen gilt es noch Gemüse und Obst zu kaufen und zu stauen. Den oft empfohlenen Ausflug nach Santo Antão lassen wir aus. Am Samstag bei Tagesanbruch gehen wir unter Segel.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / Mindelo / São Vicente / Cabo Verde
1 - Geruhsames segeln im Passat. Ein Film von B+M.
2 - Ein Tauwerkschäkel mit »Button knot«.

3 - Sogar zum Gitarre spielen bleibt Zeit.

4 - Land in Sicht! Die Insel Santo Antão Stb voraus.

5 - Die gelbe Quarantäneflagge unter der Nationalen der Republik Cabo Verde.

6 - VERA zwischen anderen Ankerliegern vor der farbenfrohen Kulisse von Mindelo, Sao Vicente, Cabo Verde.

7 - Der erste Eindruck ist wenig heimelig.

8 - Schon besser: Mindelo, »Waterfront«.

9 - Qualitätsprodukt aus Sindelfingen.

10 - Ein sehr schönes Stück Geld.

11 - Unsere Route von El Hierro nach Cabo Verde.

Passat. Passatbewölkung. Viermastbark PASSAT auf Salpeterfahrt. Warmer Wind von achtern, Beaufort 3-4. Kurs um die 220 Grad, tagelang. Der kühle Kanarenstrom fördert unser Fortkommen. Das Meer zwischen den weißen Katzenköpfen so blau, das man die Feder gleich eintauchen möchte. Im Kielwasser trudelt der Schleppgenerator und erzeugt Strom, den ich jetzt vertippe. Teppiche von fliegenden Fischen rascheln über die Wogen, gejagt von gierigen Golddoraden und fetten Thunfischen. Das große Fressen. Nachts landen fliegende Fische stinkend und zappelnd im Schlafsack und Tintenfische vergießen an Deck ihre letzte Tinte. Die VERA rollt kräftig im Seegang. Festhalten! Gut, das wir vorgekocht haben: Ein auskömmlicher Linseneintopf »ERE style« ohne Reis, aber zusätzlich mit Erdnusssauce und Kokosmilch für mindestens drei Abende und Nächte. Angeln? Die Ausrüstung dazu hätten wir. Aber die Mordlust bleibt aus. Wir sind wohl nicht hungrig genug.
B hat sich beim schwierigen Ablegemanöver in La Restinga einen bösen Hexenschuss zugezogen, der vor allem beim Sitzen üble Schmerzen verursacht. Zum Glück gibt es wenig zu tun. Die Genua zieht wie ein gut gefütterter Vierspänner, während das Großsegel friedlich unter seiner Baumpersenning faulenzt. Der Verschleiß wäre erheblich, wenn es jetzt ebenfalls gesetzt wäre. Genau platt vor dem Wind würden die langen Segellatten durch das Rollen des Bootes ständig überschlagen und die kugelgelagerten Mastrutscher erheblich strapazieren. Der Lärm wäre nervtötend. Das Segel würde an den Hinterkanten der Salinge aufliegen und ordentlich scheuern. Alles nicht gut. Und teuer. Früher, als wir jung waren, hätten wir darauf keine Rücksicht genommen, hätten aus solchen Tagen 180 Seemeilen geholt und nicht bloß 150, wären früher da gewesen. Doch wozu? Ein weiterer Tag auf See ist bei diesen Bedingungen allemal attraktiv. Die VERA, ein altes und eher unbequemes Regattaboot für zehn harte Männer, segelt auch noch ganz anständig wenn man sie nicht fordert. Das hilft uns jetzt zu einem bequemen Leben. Kaum Arbeit mit den Segeln, Zeit für Rückengymnastik.
Sind die Anflüge von Seekrankheit erst einmal überwunden, dann kann man auf Passage viel Freiraum finden. Endlich in Ruhe Gitarre spielen. Grübeln, in langen Nachtwachen: Hat mein Dasein eine Bedeutung, oder ist eigentlich alles egal? Wann ist man als Mensch authentisch? Kann man der Autor des eigenen Lebens sein und dabei bei der Wahrheit bleiben? Stimmt es, das Salzwasser gegen alles hilft, sogar gegen das Leiden an der eigenen Existenz? Man könnte auch polieren, putzen, takeln oder irgendetwas reparieren. Das Boot noch besser machen, für alle Fälle. Ist Perfektionismus eine Charakterschwäche? Vernünftig ist er jedenfalls nicht. Aber: Perfektion hat etwas mit Qualität zu tun. Doch was ist Qualität? Noch mal nachlesen bei Robert Pirsig… Betrachten wir zum Beispiel einmal einen banalen Tauwerkschäkel. Jahrelang dachte ich, das ich diese praktischen Konstruktionen aus Dyneema verstanden hätte, und lebte mit dem guten Gefühl überlegenen Wissens. Dann kam ein Freund und zeigte mir, wie es besser geht. Sein Tauwerkschäkel mit »Button Knot« ist nicht ganz einfach zu knüpfen, verfügt aber über überragende Haltekraft, ist Handwerkskunst, ist Qualität, ist Abenteuer im Raum… Ist das jetzt schon autistisch? Egal.
Am vierten Tag wird der Passat löchrig und flau, wie erwartet. Unsere nunmehr saubere Iridium Verbindung verhilft uns jeder Zeit zu aktuellen Wetterdaten (»GRIB files«) über Satelliten, und das erhebende Gefühl, in die Zukunft blicken zu können. Flaute bis morgen Abend, dann auffrischender NO, der uns bis Sonntag Mittag nach Mindelo bringen sollte. Übermenschliche Fähigkeiten, die wir anderen verdanken. Denjenigen, die die Arbeit gemacht haben.
An Backbord, keine 300 Seemeilen querab: Afrika, die Wüste, Westsahara, Mauretanien. Die Menschen dort haben andere Sorgen: Korruption, Stellvertreterkriege, Lebensregeln und Ehrbegriffe aus dem Mittelalter. Wir sind privilegiert. Das ist uns bewusst. Es tut gut, das wir hier unbehelligt segeln können. Keine Schiffe, Leere, niemand da, selbst auf dem »AIS«. Wir segeln außerhalb der Dampferrouten. Das Meer ist sauber, bis zum Horizont, jedenfalls auf den ersten Blick. Hier draußen gibt es sie noch: Die letzten unregulierten Räume der Erde, die letzte Wildnis, das letzte Abenteuer. Ich glaube, das viele Menschen ein Bedürfnis danach in ihren Herzen tragen. Vor einigen Wochen war der Artikel »Allrad LKW für die Weltreise / Diese Wohnung wühlt sich durch« tagelang der meistgelesene Beitrag auf »spiegel online«… Tolle Autos, keine Frage. Aber: »The only noble thing a man can do with money is to build a schooner.« - Robert Louis Stevenson.
Die letzte Nachtwache: Und endlich, ein ungeheurer Sternenhimmel mit leuchtender Milchstraße über der VERA, der erste seit einiger Zeit, wie im Planetarium. Der Polarstern, achteraus, nicht mehr weit vom Horizont. Voraus ahnt man sie schon, die Wunder des südlichen Firmamentes. Mit Onkel Hensoldt auf Streifzug: Jupiter regiert im Westen. Saturn reitet derzeit den Skorpion. Wir freuen uns auf den Süden. Und sein Crux.
Sonntag, 23.07.2017 gegen Mittag: Land in Sicht. Die kapverdischen Insel Santo Antão voraus im Dunst. Der Himmel bleigrau, Nieselregen, der versprochene Wind blieb aus. Motor an. Wir wollen den Törn bis zum Einbruch der Dunkelheit zu Ende bringen. Auf der Reede von Mindelo, dem Hafen der Insel São Vicente, sollen jede Menge unbeleuchtete Wracks liegen, die in keiner Karte verzeichnet sind… Ein paar Stunden später drückt uns der kräftige Passat (kam doch noch…) mit schäumender Bugwelle in die Passage zwischen Santo Antão und São Vicente. Phantastische, grüne Berge an Backbord und Steuerbord. Glück. Momente, die man nirgendwo kaufen kann.
Mindelo: Der erste Eindruck ist wenig heimelig. Kahle, sandige Vulkanhügel, ein eklektisches Sammelsurium von überwiegend hässlichen Bauten am Ufer, Raffinerien, Industrie, dritte Welt. Tatsächlich wird die Reede als billiger, inoffizieller Schrottplatz benutzt; von klammen Reedereien aus aller Welt? Die Republik Cabo Verde mit kaum einer halben Million Einwohner ist ein armes Land, das sich nicht dagegen wehren kann. Andererseits sieht man allerhand provisorische Werftbetriebe, die offenbar mit dem Zerlegen von Wracks beschäftigt sind. Wir werfen den Anker vor der Stadt und köpfen eine Flasche Weisswein. Dazu Melone mit Jamón serrano. Und dann ins Bett.
Am nächsten Morgen bringen wir BOUNCE, das kleine Beiboot der VERA zu Wasser. Unser netter Nachbar am Ankerplatz, ein junger Deutscher aus Mozambique, der hier an seiner hübschen roten Stahlketsch malt, sagt uns gleich, was wir wissen müssen: Sicherer Dinghisteg beim Hochseefischerclub, einklarieren bei der Hafenbehörde am großen Fährterminal, gar nicht zu verfehlen, bloß aufpassen auf den 15PS Zweitakter… das ist alles leicht und schnell gemacht. Ein wenig landkrank wanken wir bald danach durch die Gassen von Mindelo. Da gibt es wunderbare Bauten aus der Kolonialzeit. Das meiste ist in schlechtem Zustand, aber manches hat man doch nett hergerichtet. Wir meandern ins »La Pergola«: Besser sitzt man kaum irgendwo auf der Welt zum Frühstück. Viele »Expats« haben hier Unternehmen gegründet, die ganz gut zu laufen scheinen. Restaurants, Cafés, Bars, »Big Game fishing«, Tauchen, Design. Vieles nimmt Bezug zur lokalen Musikszene, die weltbekannt ist und in beinahe jedem Reisebericht gefeiert wird.
Was fällt uns auf? Manches erinnert an Port Vila, Vanuatu. Ein wuseliger Ort, Schnittstelle zwischen erster und dritter Welt. Sprachfetzen wehen uns an, Portugiesisch, Französisch, Englisch, Crioulo, kein Spanisch. Schöne Menschen, groß und auffallend schlank, oft geschmackvoll gekleidet, die in alle Richtungen wimmeln. Superfreundlich sind sie nicht. Als offensichtlicher Tourist blickt man meist in verschlossene Gesichter, vielleicht gerade, weil man selbst so blöde grinst. Photographieren mag ich (M) nicht und B sowieso nicht. Zu aufdringlich, irgendwie. Hin und wieder wird man dezent angebettelt. Aber überall wird gut aussehendes Gemüse verkauft und Fisch. Die wunderbar restaurierte, zweistöckige Markthalle ist ein Fest für die Sinne. Taxiunternehmen setzen in der Mehrzahl auf Qualitätsprodukte aus Sindelfingen und fahren gut damit. Viele freundliche Straßenhunde. Datenkarten für das Internet gibt es in diesem weißen Hightech Pavillon aus Glas, gleich am Hafen. Big business, wie inzwischen überall auf der Welt: Security am Eingang, Klimaanlage, Angestellte in Uniformen alles klinisch rein. Viel farbenprächtige Kundschaft. Mit einem Smartphone bist du angekommen, in der ersten Welt, hast alle Zwischenstufen übersprungen. Das Internet ist der neue Übercortex. Da möchte man doch dabei sein?
Bleiben wollen wir nicht. Ein ganzes Jahr wäre noch unzureichend, um diese sandigen Inseln zu erkunden. 80 Liter extra Diesel in Kanistern sind gebunkert und alle Gasflaschen gefüllt. Morgen gilt es noch Gemüse und Obst zu kaufen und zu stauen. Den oft empfohlenen Ausflug nach Santo Antão lassen wir aus. Am Samstag bei Tagesanbruch gehen wir unter Segel.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / Mindelo / São Vicente / Cabo Verde
1 - Geruhsames segeln im Passat. Ein Film von B+M.
2 - Ein Tauwerkschäkel mit »Button knot«.

3 - Sogar zum Gitarre spielen bleibt Zeit.

4 - Land in Sicht! Die Insel Santo Antão Stb voraus.

5 - Die gelbe Quarantäneflagge unter der Nationalen der Republik Cabo Verde.

6 - VERA zwischen anderen Ankerliegern vor der farbenfrohen Kulisse von Mindelo, Sao Vicente, Cabo Verde.

7 - Der erste Eindruck ist wenig heimelig.

8 - Schon besser: Mindelo, »Waterfront«.

9 - Qualitätsprodukt aus Sindelfingen.

10 - Ein sehr schönes Stück Geld.

11 - Unsere Route von El Hierro nach Cabo Verde.

021 - EL HIERRO
14/07/17 00:00 Canary Islands
Hallo Ihr Lieben!
Wir sind seeklar. Die Vorratsschapps sind gut gefüllt. Das Unterwasserschiff und der Propeller sind sorgfältig saubergekratzt. Das Iridium Telefon läuft und das iPad kennt jetzt ganz Südamerika. Fazit nach vielen Tagen heftigster Recherche und Installationsarbeit: Die Industrie will uns zu strunzdummen, willfärigen »usern« erziehen, die gut und regelmäßig zahlen, und ihre Seele irgendwo in der »Cloud« abspeichern… Aber immerhin: Mac OS 10.9.5 spricht jetzt mit dem uralten Sailor SC4000 Satellitentelefon. Das ist gut. Nicht so gut: Mac OS 10.6.2. auf unsrem alten Ersatzgerät will das leider nicht. Aus Gründen der Redundanz erwerben wir deshalb in Valle Gran Rey noch spontan einen günstigen »ASUS Windows 10« Laptop. Dieser zieht sich innerhalb weniger Minuten nach dem Einschalten den Rest unserer teuren, sorgfältig aufgesparten Gigabytes rein. Das Miststück. Die Iridium Installation hierfür muss also zunächst noch warten.
Eines Morgens ziehen wir schweren Herzens den schweren Bügelanker der VERA aus dem schwarzen Sand vor dem Meditationszentrum in Valle Gran Rey. La Gomera war gut zu uns. Bekömmliches Klima, ein friedlicher Ankerplatz, und sehr nette Cafés an Land, mit freundlichen Menschen, die die Ruhe weg haben. Sogar einen feinen, neuen Begriff haben wir hier gelernt: »Aggro-Buddhismus«. Wir kommen wieder, irgendwann. Hoffentlich.
Platt vor dem Wind rollt die VERA 50 Seemeilen gen EL Hierro, dem diesmal wirklich allerletzten Zipfel Europas. Vor 15 Jahren ankerten wir in »Puerto Estaca« an der Nordostküste. Das ist heutzutage leider verboten, und andere sinnvolle Ankerplätze gibt es nirgendwo auf El Hierro. Daher haben wir in der kleine Marina von »La Restinga« ganz im Süden der Insel einen Liegeplatz gebucht. Gegen Abend passieren wir bei Nordostwind Stärke 7, heulenden Böen und hoher Dünung die enge Hafeneinfahrt. Das Hafenbecken ist verdammt eng. Der einzige freie Liegeplatz für größere Boote liegt am Ende einer engen »Boxengasse«, die genau quer zum jaulenden Wind liegt. Obwohl wir viel Zeit und Sorgfalt in die Manöverplanung stecken, geht es beinahe schief. Nur durch ein Wunder und den selbstlosen Einsatz eines bärenstarken Franzosen bekommen wir das Schiff ohne Schäden vertäut. Das geht an die Nerven, aber die »Dos jarras« danach in einer einfachen Bar auf der nahen Uferpromenade schmecken dann doch. Schwamm drüber.
In »La Restinga« geht es, abgesehen vom vielen Wind, überaus beschaulich zu. Vor einigen Jahren brach nur wenige Kilometer entfernt unter Wasser der Vulkan »Eldiscreto« aus, der sich allerdings, zum Glück für die Einheimischen, bald wieder schlafen legte. Schön ist der Ort nicht. Die meisten Bauten hier sind jüngeren Datums und von zweifelhafter Qualität. Eine Grausamkeit der sehenswerten Art findet sich am Ortsausgang. Ein gelb-oranger Appartementblock, der überaus deutlich macht, was man mit Gebautem anzurichten vermag. Ich (M) will das Teil mal »Bonjour Tristesse« taufen. Hier sieht man exemplarisch, wie lohnend es wäre, Architektur als Kultur zu begreifen, gleich in der Schule zu lehren, ihr etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie z.B. der Musik, dem Fußball, oder dem Essen. Aber ich schweife ab.
Alles in allem, ist »La Restinga« nett. Obwohl die Sommersaison für spanische Touristen begonnen hat, sind in den wenigen Bars und Restaurants immer Plätze frei. Tauchschulen gibt es einige. Jeden Tag fahren zahlreiche große Schlauchboote voll beladen mit gut gerüsteten Helden aus dem Hafen. Dort draußen soll es große Rochen und Wolken von Hammerhaien geben, bei klarem Wasser. Wir passen trotzdem. Zu teuer, zu viel zu tun. Mit dem Bus, chauffiert von einer charakterstarken Fahrerin, fahren wir nach »Valverde«, den Hauptort der Insel, und mieten gleich beim Busunternehmen einen schwarzen Polo. 150.000km hat er runter, also fast wie neu, bis auf das durchgewetzte Lenkrad. Mit diesem Qualitätsprodukt erkunden wir drei Tage die ganze Insel. Natürlich schauen wir mal hinab nach »Puerto Estaca«. Der kleine Hafen ist nicht wiederzukennen. Dort wo damals ein paar Fischerhütten und eine hübsche Villa im Schutz einer einfachen Steinmole standen, erhebt sich nun ein monströses Fährterminal hinter einer mächtigen Betonwand. EU-Geld. Sogar eine leere, neue Marina gibt es, mit richtigen Schwimmstegen hinter rostigem Stacheldrahtzaun. Kein Café, kein Restaurant, keine Bar. Niemand hier. Nur Asphalt und Beton. Bloß weg. Lieber ein wenig mehr herumfahren auf dieser wilden und leeren Insel. Köstlich frühstücken im ehrwürdigen »El Mentidero« in »El Pinar«, über Stock und Stein laufen, durch den unerwartet dichten und feuchtkalten Regenwald. Einen aller allerletzten, spektakulären Blick zurück werfen, über die Wolken und die Insel La Gomera hinweg, auf den königlichen »Pico del Teide« auf Teneriffa. An der Nordküste steigen wir nach »Pozo de las Calcosas« ab, ein wildromantisches, kaum bewohntes Fischerdorf mit strohgedeckten Hütten. Am »Mirador de la Peña« essen wir zum Abend und genießen den unglaublichen Blick hinab nach »El Golfo«, in die Flanke des Vulkans und hinaus aufs Meer. Das gut gebaute Restaurant aus schwarzem Lavastein, Beton und Glas nach Plänen von César Manrique (natürlich) wäre die ideale Villa für den distinguierten Bösewicht in einem 70er Jahre James Bond Film gewesen, aber zum Essen taugt es auch. Sonst noch etwas? Das Inselparlament hat sich den nachhaltigen Ökotourismus auf die Fahnen geschrieben. Das tut der Insel gut, führt allerdings auch zu gewissen Verzerrungen. Nachzulesen hier: https://lapalma1.net/2016/01/09/el-hierro-regenerative-energie-bilanz/
Wir wollen los. Vor uns liegen zwei lange Törns nach Süden. Ein erstes Ziel sollen die Kapverdischen Inseln sein, knapp 800 Seemeilen südlich von El Hierro gelegen. Dort möchten wir einen kurzen Zwischenstop einlegen, vor dem geplanten Schlag durch die kapriziösen »Doldrums« nach Brasilien. Eine gewisse Nervosität kann ich (M) nicht verhehlen. Da kann auch einiges schief gehen. Mit etwas Pech. Die tagelange, fruchtlose Iridium Installiererei unter Windows 10, hier an diesem an sich ganz passablem Platz, zerrt auch an meinem Gemüt. »All I ask is a comfortable home« ist eines meiner Lieblingszitate. Dort draußen liegt aber eine eher unsichere Zukunft und eine ungewohnte Umgebung, auf die kein Verlass ist. Da benötigt man einen stabilen Charakter, so einen, der die Ruhe und die Sicherheit ganz in sich selbst findet. Den habe ich (M) aber leider nicht. Sind wir gut genug vorbereitet? Wahrscheinlich ja. Das muss reichen. Wir melden uns wieder. Hoffentlich.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / La Restinga / El Hierro / Spanien
1 - B beim Gemüseeinkauf im Valle Gran Rey, La Gomera

2 - VERA im kleinen Hafen von La Restinga, El Hierro. Hoffentlich kriegen wir sie da heil wieder hinaus…

3 - Eine erste Wanderung erinnert ein wenig an Galapagos.

4 - Ein »Blowhole« unweit von La Restinga, El Hierro.

5 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

6 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

7 - »Pozo de las Calcosas«, ein verlassenes Fischerdorf auf El Hierro

8 - Ein aller allerletzter Blick zurück, über die Wälder El Hierros und die Insel La Gomera hinweg auf den Pico del Teide auf Teneriffa, über 150km entfernt.

9 - Und nun? Hinaus.

Wir sind seeklar. Die Vorratsschapps sind gut gefüllt. Das Unterwasserschiff und der Propeller sind sorgfältig saubergekratzt. Das Iridium Telefon läuft und das iPad kennt jetzt ganz Südamerika. Fazit nach vielen Tagen heftigster Recherche und Installationsarbeit: Die Industrie will uns zu strunzdummen, willfärigen »usern« erziehen, die gut und regelmäßig zahlen, und ihre Seele irgendwo in der »Cloud« abspeichern… Aber immerhin: Mac OS 10.9.5 spricht jetzt mit dem uralten Sailor SC4000 Satellitentelefon. Das ist gut. Nicht so gut: Mac OS 10.6.2. auf unsrem alten Ersatzgerät will das leider nicht. Aus Gründen der Redundanz erwerben wir deshalb in Valle Gran Rey noch spontan einen günstigen »ASUS Windows 10« Laptop. Dieser zieht sich innerhalb weniger Minuten nach dem Einschalten den Rest unserer teuren, sorgfältig aufgesparten Gigabytes rein. Das Miststück. Die Iridium Installation hierfür muss also zunächst noch warten.
Eines Morgens ziehen wir schweren Herzens den schweren Bügelanker der VERA aus dem schwarzen Sand vor dem Meditationszentrum in Valle Gran Rey. La Gomera war gut zu uns. Bekömmliches Klima, ein friedlicher Ankerplatz, und sehr nette Cafés an Land, mit freundlichen Menschen, die die Ruhe weg haben. Sogar einen feinen, neuen Begriff haben wir hier gelernt: »Aggro-Buddhismus«. Wir kommen wieder, irgendwann. Hoffentlich.
Platt vor dem Wind rollt die VERA 50 Seemeilen gen EL Hierro, dem diesmal wirklich allerletzten Zipfel Europas. Vor 15 Jahren ankerten wir in »Puerto Estaca« an der Nordostküste. Das ist heutzutage leider verboten, und andere sinnvolle Ankerplätze gibt es nirgendwo auf El Hierro. Daher haben wir in der kleine Marina von »La Restinga« ganz im Süden der Insel einen Liegeplatz gebucht. Gegen Abend passieren wir bei Nordostwind Stärke 7, heulenden Böen und hoher Dünung die enge Hafeneinfahrt. Das Hafenbecken ist verdammt eng. Der einzige freie Liegeplatz für größere Boote liegt am Ende einer engen »Boxengasse«, die genau quer zum jaulenden Wind liegt. Obwohl wir viel Zeit und Sorgfalt in die Manöverplanung stecken, geht es beinahe schief. Nur durch ein Wunder und den selbstlosen Einsatz eines bärenstarken Franzosen bekommen wir das Schiff ohne Schäden vertäut. Das geht an die Nerven, aber die »Dos jarras« danach in einer einfachen Bar auf der nahen Uferpromenade schmecken dann doch. Schwamm drüber.
In »La Restinga« geht es, abgesehen vom vielen Wind, überaus beschaulich zu. Vor einigen Jahren brach nur wenige Kilometer entfernt unter Wasser der Vulkan »Eldiscreto« aus, der sich allerdings, zum Glück für die Einheimischen, bald wieder schlafen legte. Schön ist der Ort nicht. Die meisten Bauten hier sind jüngeren Datums und von zweifelhafter Qualität. Eine Grausamkeit der sehenswerten Art findet sich am Ortsausgang. Ein gelb-oranger Appartementblock, der überaus deutlich macht, was man mit Gebautem anzurichten vermag. Ich (M) will das Teil mal »Bonjour Tristesse« taufen. Hier sieht man exemplarisch, wie lohnend es wäre, Architektur als Kultur zu begreifen, gleich in der Schule zu lehren, ihr etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie z.B. der Musik, dem Fußball, oder dem Essen. Aber ich schweife ab.
Alles in allem, ist »La Restinga« nett. Obwohl die Sommersaison für spanische Touristen begonnen hat, sind in den wenigen Bars und Restaurants immer Plätze frei. Tauchschulen gibt es einige. Jeden Tag fahren zahlreiche große Schlauchboote voll beladen mit gut gerüsteten Helden aus dem Hafen. Dort draußen soll es große Rochen und Wolken von Hammerhaien geben, bei klarem Wasser. Wir passen trotzdem. Zu teuer, zu viel zu tun. Mit dem Bus, chauffiert von einer charakterstarken Fahrerin, fahren wir nach »Valverde«, den Hauptort der Insel, und mieten gleich beim Busunternehmen einen schwarzen Polo. 150.000km hat er runter, also fast wie neu, bis auf das durchgewetzte Lenkrad. Mit diesem Qualitätsprodukt erkunden wir drei Tage die ganze Insel. Natürlich schauen wir mal hinab nach »Puerto Estaca«. Der kleine Hafen ist nicht wiederzukennen. Dort wo damals ein paar Fischerhütten und eine hübsche Villa im Schutz einer einfachen Steinmole standen, erhebt sich nun ein monströses Fährterminal hinter einer mächtigen Betonwand. EU-Geld. Sogar eine leere, neue Marina gibt es, mit richtigen Schwimmstegen hinter rostigem Stacheldrahtzaun. Kein Café, kein Restaurant, keine Bar. Niemand hier. Nur Asphalt und Beton. Bloß weg. Lieber ein wenig mehr herumfahren auf dieser wilden und leeren Insel. Köstlich frühstücken im ehrwürdigen »El Mentidero« in »El Pinar«, über Stock und Stein laufen, durch den unerwartet dichten und feuchtkalten Regenwald. Einen aller allerletzten, spektakulären Blick zurück werfen, über die Wolken und die Insel La Gomera hinweg, auf den königlichen »Pico del Teide« auf Teneriffa. An der Nordküste steigen wir nach »Pozo de las Calcosas« ab, ein wildromantisches, kaum bewohntes Fischerdorf mit strohgedeckten Hütten. Am »Mirador de la Peña« essen wir zum Abend und genießen den unglaublichen Blick hinab nach »El Golfo«, in die Flanke des Vulkans und hinaus aufs Meer. Das gut gebaute Restaurant aus schwarzem Lavastein, Beton und Glas nach Plänen von César Manrique (natürlich) wäre die ideale Villa für den distinguierten Bösewicht in einem 70er Jahre James Bond Film gewesen, aber zum Essen taugt es auch. Sonst noch etwas? Das Inselparlament hat sich den nachhaltigen Ökotourismus auf die Fahnen geschrieben. Das tut der Insel gut, führt allerdings auch zu gewissen Verzerrungen. Nachzulesen hier: https://lapalma1.net/2016/01/09/el-hierro-regenerative-energie-bilanz/
Wir wollen los. Vor uns liegen zwei lange Törns nach Süden. Ein erstes Ziel sollen die Kapverdischen Inseln sein, knapp 800 Seemeilen südlich von El Hierro gelegen. Dort möchten wir einen kurzen Zwischenstop einlegen, vor dem geplanten Schlag durch die kapriziösen »Doldrums« nach Brasilien. Eine gewisse Nervosität kann ich (M) nicht verhehlen. Da kann auch einiges schief gehen. Mit etwas Pech. Die tagelange, fruchtlose Iridium Installiererei unter Windows 10, hier an diesem an sich ganz passablem Platz, zerrt auch an meinem Gemüt. »All I ask is a comfortable home« ist eines meiner Lieblingszitate. Dort draußen liegt aber eine eher unsichere Zukunft und eine ungewohnte Umgebung, auf die kein Verlass ist. Da benötigt man einen stabilen Charakter, so einen, der die Ruhe und die Sicherheit ganz in sich selbst findet. Den habe ich (M) aber leider nicht. Sind wir gut genug vorbereitet? Wahrscheinlich ja. Das muss reichen. Wir melden uns wieder. Hoffentlich.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / La Restinga / El Hierro / Spanien
1 - B beim Gemüseeinkauf im Valle Gran Rey, La Gomera

2 - VERA im kleinen Hafen von La Restinga, El Hierro. Hoffentlich kriegen wir sie da heil wieder hinaus…

3 - Eine erste Wanderung erinnert ein wenig an Galapagos.

4 - Ein »Blowhole« unweit von La Restinga, El Hierro.

5 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

6 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

7 - »Pozo de las Calcosas«, ein verlassenes Fischerdorf auf El Hierro

8 - Ein aller allerletzter Blick zurück, über die Wälder El Hierros und die Insel La Gomera hinweg auf den Pico del Teide auf Teneriffa, über 150km entfernt.

9 - Und nun? Hinaus.
