021 - EL HIERRO
14/07/17 00:00 Canary Islands
Hallo Ihr Lieben!
Wir sind seeklar. Die Vorratsschapps sind gut gefüllt. Das Unterwasserschiff und der Propeller sind sorgfältig saubergekratzt. Das Iridium Telefon läuft und das iPad kennt jetzt ganz Südamerika. Fazit nach vielen Tagen heftigster Recherche und Installationsarbeit: Die Industrie will uns zu strunzdummen, willfärigen »usern« erziehen, die gut und regelmäßig zahlen, und ihre Seele irgendwo in der »Cloud« abspeichern… Aber immerhin: Mac OS 10.9.5 spricht jetzt mit dem uralten Sailor SC4000 Satellitentelefon. Das ist gut. Nicht so gut: Mac OS 10.6.2. auf unsrem alten Ersatzgerät will das leider nicht. Aus Gründen der Redundanz erwerben wir deshalb in Valle Gran Rey noch spontan einen günstigen »ASUS Windows 10« Laptop. Dieser zieht sich innerhalb weniger Minuten nach dem Einschalten den Rest unserer teuren, sorgfältig aufgesparten Gigabytes rein. Das Miststück. Die Iridium Installation hierfür muss also zunächst noch warten.
Eines Morgens ziehen wir schweren Herzens den schweren Bügelanker der VERA aus dem schwarzen Sand vor dem Meditationszentrum in Valle Gran Rey. La Gomera war gut zu uns. Bekömmliches Klima, ein friedlicher Ankerplatz, und sehr nette Cafés an Land, mit freundlichen Menschen, die die Ruhe weg haben. Sogar einen feinen, neuen Begriff haben wir hier gelernt: »Aggro-Buddhismus«. Wir kommen wieder, irgendwann. Hoffentlich.
Platt vor dem Wind rollt die VERA 50 Seemeilen gen EL Hierro, dem diesmal wirklich allerletzten Zipfel Europas. Vor 15 Jahren ankerten wir in »Puerto Estaca« an der Nordostküste. Das ist heutzutage leider verboten, und andere sinnvolle Ankerplätze gibt es nirgendwo auf El Hierro. Daher haben wir in der kleine Marina von »La Restinga« ganz im Süden der Insel einen Liegeplatz gebucht. Gegen Abend passieren wir bei Nordostwind Stärke 7, heulenden Böen und hoher Dünung die enge Hafeneinfahrt. Das Hafenbecken ist verdammt eng. Der einzige freie Liegeplatz für größere Boote liegt am Ende einer engen »Boxengasse«, die genau quer zum jaulenden Wind liegt. Obwohl wir viel Zeit und Sorgfalt in die Manöverplanung stecken, geht es beinahe schief. Nur durch ein Wunder und den selbstlosen Einsatz eines bärenstarken Franzosen bekommen wir das Schiff ohne Schäden vertäut. Das geht an die Nerven, aber die »Dos jarras« danach in einer einfachen Bar auf der nahen Uferpromenade schmecken dann doch. Schwamm drüber.
In »La Restinga« geht es, abgesehen vom vielen Wind, überaus beschaulich zu. Vor einigen Jahren brach nur wenige Kilometer entfernt unter Wasser der Vulkan »Eldiscreto« aus, der sich allerdings, zum Glück für die Einheimischen, bald wieder schlafen legte. Schön ist der Ort nicht. Die meisten Bauten hier sind jüngeren Datums und von zweifelhafter Qualität. Eine Grausamkeit der sehenswerten Art findet sich am Ortsausgang. Ein gelb-oranger Appartementblock, der überaus deutlich macht, was man mit Gebautem anzurichten vermag. Ich (M) will das Teil mal »Bonjour Tristesse« taufen. Hier sieht man exemplarisch, wie lohnend es wäre, Architektur als Kultur zu begreifen, gleich in der Schule zu lehren, ihr etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie z.B. der Musik, dem Fußball, oder dem Essen. Aber ich schweife ab.
Alles in allem, ist »La Restinga« nett. Obwohl die Sommersaison für spanische Touristen begonnen hat, sind in den wenigen Bars und Restaurants immer Plätze frei. Tauchschulen gibt es einige. Jeden Tag fahren zahlreiche große Schlauchboote voll beladen mit gut gerüsteten Helden aus dem Hafen. Dort draußen soll es große Rochen und Wolken von Hammerhaien geben, bei klarem Wasser. Wir passen trotzdem. Zu teuer, zu viel zu tun. Mit dem Bus, chauffiert von einer charakterstarken Fahrerin, fahren wir nach »Valverde«, den Hauptort der Insel, und mieten gleich beim Busunternehmen einen schwarzen Polo. 150.000km hat er runter, also fast wie neu, bis auf das durchgewetzte Lenkrad. Mit diesem Qualitätsprodukt erkunden wir drei Tage die ganze Insel. Natürlich schauen wir mal hinab nach »Puerto Estaca«. Der kleine Hafen ist nicht wiederzukennen. Dort wo damals ein paar Fischerhütten und eine hübsche Villa im Schutz einer einfachen Steinmole standen, erhebt sich nun ein monströses Fährterminal hinter einer mächtigen Betonwand. EU-Geld. Sogar eine leere, neue Marina gibt es, mit richtigen Schwimmstegen hinter rostigem Stacheldrahtzaun. Kein Café, kein Restaurant, keine Bar. Niemand hier. Nur Asphalt und Beton. Bloß weg. Lieber ein wenig mehr herumfahren auf dieser wilden und leeren Insel. Köstlich frühstücken im ehrwürdigen »El Mentidero« in »El Pinar«, über Stock und Stein laufen, durch den unerwartet dichten und feuchtkalten Regenwald. Einen aller allerletzten, spektakulären Blick zurück werfen, über die Wolken und die Insel La Gomera hinweg, auf den königlichen »Pico del Teide« auf Teneriffa. An der Nordküste steigen wir nach »Pozo de las Calcosas« ab, ein wildromantisches, kaum bewohntes Fischerdorf mit strohgedeckten Hütten. Am »Mirador de la Peña« essen wir zum Abend und genießen den unglaublichen Blick hinab nach »El Golfo«, in die Flanke des Vulkans und hinaus aufs Meer. Das gut gebaute Restaurant aus schwarzem Lavastein, Beton und Glas nach Plänen von César Manrique (natürlich) wäre die ideale Villa für den distinguierten Bösewicht in einem 70er Jahre James Bond Film gewesen, aber zum Essen taugt es auch. Sonst noch etwas? Das Inselparlament hat sich den nachhaltigen Ökotourismus auf die Fahnen geschrieben. Das tut der Insel gut, führt allerdings auch zu gewissen Verzerrungen. Nachzulesen hier: https://lapalma1.net/2016/01/09/el-hierro-regenerative-energie-bilanz/
Wir wollen los. Vor uns liegen zwei lange Törns nach Süden. Ein erstes Ziel sollen die Kapverdischen Inseln sein, knapp 800 Seemeilen südlich von El Hierro gelegen. Dort möchten wir einen kurzen Zwischenstop einlegen, vor dem geplanten Schlag durch die kapriziösen »Doldrums« nach Brasilien. Eine gewisse Nervosität kann ich (M) nicht verhehlen. Da kann auch einiges schief gehen. Mit etwas Pech. Die tagelange, fruchtlose Iridium Installiererei unter Windows 10, hier an diesem an sich ganz passablem Platz, zerrt auch an meinem Gemüt. »All I ask is a comfortable home« ist eines meiner Lieblingszitate. Dort draußen liegt aber eine eher unsichere Zukunft und eine ungewohnte Umgebung, auf die kein Verlass ist. Da benötigt man einen stabilen Charakter, so einen, der die Ruhe und die Sicherheit ganz in sich selbst findet. Den habe ich (M) aber leider nicht. Sind wir gut genug vorbereitet? Wahrscheinlich ja. Das muss reichen. Wir melden uns wieder. Hoffentlich.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / La Restinga / El Hierro / Spanien
1 - B beim Gemüseeinkauf im Valle Gran Rey, La Gomera

2 - VERA im kleinen Hafen von La Restinga, El Hierro. Hoffentlich kriegen wir sie da heil wieder hinaus…

3 - Eine erste Wanderung erinnert ein wenig an Galapagos.

4 - Ein »Blowhole« unweit von La Restinga, El Hierro.

5 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

6 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

7 - »Pozo de las Calcosas«, ein verlassenes Fischerdorf auf El Hierro

8 - Ein aller allerletzter Blick zurück, über die Wälder El Hierros und die Insel La Gomera hinweg auf den Pico del Teide auf Teneriffa, über 150km entfernt.

9 - Und nun? Hinaus.

Wir sind seeklar. Die Vorratsschapps sind gut gefüllt. Das Unterwasserschiff und der Propeller sind sorgfältig saubergekratzt. Das Iridium Telefon läuft und das iPad kennt jetzt ganz Südamerika. Fazit nach vielen Tagen heftigster Recherche und Installationsarbeit: Die Industrie will uns zu strunzdummen, willfärigen »usern« erziehen, die gut und regelmäßig zahlen, und ihre Seele irgendwo in der »Cloud« abspeichern… Aber immerhin: Mac OS 10.9.5 spricht jetzt mit dem uralten Sailor SC4000 Satellitentelefon. Das ist gut. Nicht so gut: Mac OS 10.6.2. auf unsrem alten Ersatzgerät will das leider nicht. Aus Gründen der Redundanz erwerben wir deshalb in Valle Gran Rey noch spontan einen günstigen »ASUS Windows 10« Laptop. Dieser zieht sich innerhalb weniger Minuten nach dem Einschalten den Rest unserer teuren, sorgfältig aufgesparten Gigabytes rein. Das Miststück. Die Iridium Installation hierfür muss also zunächst noch warten.
Eines Morgens ziehen wir schweren Herzens den schweren Bügelanker der VERA aus dem schwarzen Sand vor dem Meditationszentrum in Valle Gran Rey. La Gomera war gut zu uns. Bekömmliches Klima, ein friedlicher Ankerplatz, und sehr nette Cafés an Land, mit freundlichen Menschen, die die Ruhe weg haben. Sogar einen feinen, neuen Begriff haben wir hier gelernt: »Aggro-Buddhismus«. Wir kommen wieder, irgendwann. Hoffentlich.
Platt vor dem Wind rollt die VERA 50 Seemeilen gen EL Hierro, dem diesmal wirklich allerletzten Zipfel Europas. Vor 15 Jahren ankerten wir in »Puerto Estaca« an der Nordostküste. Das ist heutzutage leider verboten, und andere sinnvolle Ankerplätze gibt es nirgendwo auf El Hierro. Daher haben wir in der kleine Marina von »La Restinga« ganz im Süden der Insel einen Liegeplatz gebucht. Gegen Abend passieren wir bei Nordostwind Stärke 7, heulenden Böen und hoher Dünung die enge Hafeneinfahrt. Das Hafenbecken ist verdammt eng. Der einzige freie Liegeplatz für größere Boote liegt am Ende einer engen »Boxengasse«, die genau quer zum jaulenden Wind liegt. Obwohl wir viel Zeit und Sorgfalt in die Manöverplanung stecken, geht es beinahe schief. Nur durch ein Wunder und den selbstlosen Einsatz eines bärenstarken Franzosen bekommen wir das Schiff ohne Schäden vertäut. Das geht an die Nerven, aber die »Dos jarras« danach in einer einfachen Bar auf der nahen Uferpromenade schmecken dann doch. Schwamm drüber.
In »La Restinga« geht es, abgesehen vom vielen Wind, überaus beschaulich zu. Vor einigen Jahren brach nur wenige Kilometer entfernt unter Wasser der Vulkan »Eldiscreto« aus, der sich allerdings, zum Glück für die Einheimischen, bald wieder schlafen legte. Schön ist der Ort nicht. Die meisten Bauten hier sind jüngeren Datums und von zweifelhafter Qualität. Eine Grausamkeit der sehenswerten Art findet sich am Ortsausgang. Ein gelb-oranger Appartementblock, der überaus deutlich macht, was man mit Gebautem anzurichten vermag. Ich (M) will das Teil mal »Bonjour Tristesse« taufen. Hier sieht man exemplarisch, wie lohnend es wäre, Architektur als Kultur zu begreifen, gleich in der Schule zu lehren, ihr etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie z.B. der Musik, dem Fußball, oder dem Essen. Aber ich schweife ab.
Alles in allem, ist »La Restinga« nett. Obwohl die Sommersaison für spanische Touristen begonnen hat, sind in den wenigen Bars und Restaurants immer Plätze frei. Tauchschulen gibt es einige. Jeden Tag fahren zahlreiche große Schlauchboote voll beladen mit gut gerüsteten Helden aus dem Hafen. Dort draußen soll es große Rochen und Wolken von Hammerhaien geben, bei klarem Wasser. Wir passen trotzdem. Zu teuer, zu viel zu tun. Mit dem Bus, chauffiert von einer charakterstarken Fahrerin, fahren wir nach »Valverde«, den Hauptort der Insel, und mieten gleich beim Busunternehmen einen schwarzen Polo. 150.000km hat er runter, also fast wie neu, bis auf das durchgewetzte Lenkrad. Mit diesem Qualitätsprodukt erkunden wir drei Tage die ganze Insel. Natürlich schauen wir mal hinab nach »Puerto Estaca«. Der kleine Hafen ist nicht wiederzukennen. Dort wo damals ein paar Fischerhütten und eine hübsche Villa im Schutz einer einfachen Steinmole standen, erhebt sich nun ein monströses Fährterminal hinter einer mächtigen Betonwand. EU-Geld. Sogar eine leere, neue Marina gibt es, mit richtigen Schwimmstegen hinter rostigem Stacheldrahtzaun. Kein Café, kein Restaurant, keine Bar. Niemand hier. Nur Asphalt und Beton. Bloß weg. Lieber ein wenig mehr herumfahren auf dieser wilden und leeren Insel. Köstlich frühstücken im ehrwürdigen »El Mentidero« in »El Pinar«, über Stock und Stein laufen, durch den unerwartet dichten und feuchtkalten Regenwald. Einen aller allerletzten, spektakulären Blick zurück werfen, über die Wolken und die Insel La Gomera hinweg, auf den königlichen »Pico del Teide« auf Teneriffa. An der Nordküste steigen wir nach »Pozo de las Calcosas« ab, ein wildromantisches, kaum bewohntes Fischerdorf mit strohgedeckten Hütten. Am »Mirador de la Peña« essen wir zum Abend und genießen den unglaublichen Blick hinab nach »El Golfo«, in die Flanke des Vulkans und hinaus aufs Meer. Das gut gebaute Restaurant aus schwarzem Lavastein, Beton und Glas nach Plänen von César Manrique (natürlich) wäre die ideale Villa für den distinguierten Bösewicht in einem 70er Jahre James Bond Film gewesen, aber zum Essen taugt es auch. Sonst noch etwas? Das Inselparlament hat sich den nachhaltigen Ökotourismus auf die Fahnen geschrieben. Das tut der Insel gut, führt allerdings auch zu gewissen Verzerrungen. Nachzulesen hier: https://lapalma1.net/2016/01/09/el-hierro-regenerative-energie-bilanz/
Wir wollen los. Vor uns liegen zwei lange Törns nach Süden. Ein erstes Ziel sollen die Kapverdischen Inseln sein, knapp 800 Seemeilen südlich von El Hierro gelegen. Dort möchten wir einen kurzen Zwischenstop einlegen, vor dem geplanten Schlag durch die kapriziösen »Doldrums« nach Brasilien. Eine gewisse Nervosität kann ich (M) nicht verhehlen. Da kann auch einiges schief gehen. Mit etwas Pech. Die tagelange, fruchtlose Iridium Installiererei unter Windows 10, hier an diesem an sich ganz passablem Platz, zerrt auch an meinem Gemüt. »All I ask is a comfortable home« ist eines meiner Lieblingszitate. Dort draußen liegt aber eine eher unsichere Zukunft und eine ungewohnte Umgebung, auf die kein Verlass ist. Da benötigt man einen stabilen Charakter, so einen, der die Ruhe und die Sicherheit ganz in sich selbst findet. Den habe ich (M) aber leider nicht. Sind wir gut genug vorbereitet? Wahrscheinlich ja. Das muss reichen. Wir melden uns wieder. Hoffentlich.
Herzliche Grüße an Alle von B und M / SY VERA / La Restinga / El Hierro / Spanien
1 - B beim Gemüseeinkauf im Valle Gran Rey, La Gomera

2 - VERA im kleinen Hafen von La Restinga, El Hierro. Hoffentlich kriegen wir sie da heil wieder hinaus…

3 - Eine erste Wanderung erinnert ein wenig an Galapagos.

4 - Ein »Blowhole« unweit von La Restinga, El Hierro.

5 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

6 - »Bonjour Tristesse« - La Restinga, El Hierro

7 - »Pozo de las Calcosas«, ein verlassenes Fischerdorf auf El Hierro

8 - Ein aller allerletzter Blick zurück, über die Wälder El Hierros und die Insel La Gomera hinweg auf den Pico del Teide auf Teneriffa, über 150km entfernt.

9 - Und nun? Hinaus.
