SY VERA

Into the screaming 50th: A voyage to Tierra del Fuego and Cape Horn

014 - VALLE GRAN REY / LA GOMERA

Hallo Ihr Lieben!

Valle Gran Rey, an der Westküste La Gomeras. Drei Tage entspannte Segelei, meist »downwind« brachten uns hierher, mit nächtlichen Zwischenstops vor Anker an Gran Canaria‘s wilder Nordwestküste und an Teneriffas dicht betonierter Südküste, belohnt vom Glühen der Spitze des Pico del Teide im letzten Abendlicht.

Valle Gran Rey: Ein von der Natur bevorzugtes, fruchtbares Tal, benannt nach dem letzten großen Guanchen Häuptling Hupalupa, der in dieser Gegend bis zuletzt Widerstand leistete, gegen ein übermächtiges Spanien und seine Missionare. Guanchen sollen friedfertige Menschen gewesen sein, die erst viel zu spät daran gingen, ihre Heimat gegen die Eroberer zu verteidigen. Heute ist Ihre Kultur nicht mehr, es sei denn in einigen wenigen sprachlichen Wendungen und kulturellen Bräuchen. Das »Silbo«, eine Art Minimalsprache aus Pfeiftönen, mit denen man sich auch auf große Distanzen verständigen kann, wird noch heute auf La Gomera an den Schulen gelehrt…

Wir ankern vor dem Hafen von Vueltas, eines der drei Dörfer im Tal. Vertikale Felswände ragen aus dunkelblauem, glasklaren Wasser. Beim schnorcheln sehen wir fein gerippelten, dunkelgrauen Sand bis zum Horizont. Der Anker sitzt. Das ist gut, denn der Wetterbericht lässt eine Weiterfahrt nach La Palma in den nächsten Tagen wenig ratsam erscheinen. Zu viel Wind in der Düse zwischen den hohen Inseln. Gegenan in hoher See? Besser nicht. Wir brauchen hier nichts kaputt machen, das wir dann wieder mühsam zusammenflicken müssten… Die Entscheidung zu bleiben fällt leicht, trotz der leichten Dünung, die die VERA gelegentlich heftig rollen lässt.

Hinter einer gewaltig überdimensionierten, nagelneuen Kaimauer mit »Cruiseship Terminal«, die schon von weitem nach (sehr viel) EU - Geld aussieht, aber offensichtlich nie genutzt wird liegt die Ortschaft Vueltas. Im klaren Morgenlicht leuchten würfelige weiße, ockerfarbige oder ochsenblutrote Häuser. Wir bringen BOUNCE zu Wasser und setzen über. Im kleinen Fischerhafen, hinter der alten, romantischeren Hafenmauer aus Steinquadern liegen etliche Yachten und rüsten für den Atlantik. Nicht die wohlhabende Klientel. Keine perfekt gepflegten Superyachten, wie in Las Palmas. Diese hier sind aus Stahl oder Holz oder von James Wharram, in allen Farben gestrichen, mit Riggs aus Telegrafenmasten und verzinktem Draht, selbst gebauten Selbststeueranlagen und büschelweise Bananen am Achterstag. Proviant für den langen Schlag. Das Liegegeld ist nicht der Rede wert. Ein guter Platz für »no budget sailors«.

Wir binden BOUNCE an einer langen Leiter an der hohen Kaimauer an und klettern hinauf. Oben findet sich sogleich ein hübsches Café, mit Blick auf die VERA. Und WIFI gibt es auch. Draussen an Bord hatten wir nicht mal ein GSM Signal. Alles paletti, oder? Bei näherem hinhören, fällt uns auf, das ALLE Touristen hier auf deutsch kommunizieren und auch so aussehen. Das ist seltsam. Wir besichtigen das Dorf. ALLE Läden scheinen deutschen Bürgern zu gehören. Beim Bäcker und beim Metzger hängen die deutschen Meisterbriefe gleich am Eingang. Wir kaufen natürlich als erstes ein fettes Krustenbrot. In der Redaktion des »Valle Boten« liegen einige Probeexemplare. Beim flüchtigen Überfliegen einiger Zeilen wird klar, das Valle Gran Rey eine deutsche Exklave ist, die in den 70er Jahren von abenteuerlustigen deutschen Hippies gegründet wurde. Viele blieben und für die ist diese Zeitung da. In wohlgewählten Worten wird dort betrauert, das in jedem Jahr mehr und mehr von den fiesen »Teneriffa Touristen« einfallen und alles hier kaputt fressen. Das hat inzwischen selbst der letzte aus seiner Schnabeltasse trinkende Kräutergärtner kapiert. Man wird sehr bald mobil machen müssen, sonst droht ein Massensterben aller Werte für die wir hier stehen etc. etc…

Am nächsten Tag ist das Café am Hafen geschlossen. Das nächste, hübsch aussehende Cafe gehört deutschen. Zwei entzückende und supernette deutsche Kellnerinnen bedienen deutsche Touristen. Wir fühlen uns gleich wie zuhause und lesen den »Valle Boten«. Später erwandern wir uns ein wildes Seitental. Dabei passieren wir ein deutsches
Meditationszentrum, laut deutschsprachiger Tafel am Eingang ein Ort der Stille und inneren Einkehr. Einige deutsche Paare mittleren Alters und schweren Rollkoffern sind soeben beim Einchecken. Eine deutschsprachige Hinweistafel erklärt die verschiedenen Früchte, die hier im Garten des Meditationszentrums kultiviert werden. Alles sehr geschmackvoll gemacht. Weiter oben im Tal spricht uns ein sehr netter deutscher »Aloe Vera« Händler an, der hier mit seiner deutschen Frau eine traumhaft schön gelegene Finca besitzt. Natürlich kaufen wir ein paar Fläschchen, schon weil ihm gerade ein Probefläschchen geklaut worden ist. Er hat eine fiese, unfreundliche ostdeutsche Touristin im Verdacht, die sich vorhin darüber beschwerte, das er heute gerade keine Finca Führung anbietet… Na ja.

Einen weiteren Tag verbringen wir zurückgezogen an Bord. Schwimmen, Earl Grey trinken, kochen, lesen, Mittagsschlaf, die kleine Bastelei zwischendurch und ausgiebig Gitarre. Luxus pur. Wir liegen direkt vor dem
Meditationszentrum. Am Abend findet dort ein kleines, intimes Rock Konzert statt. Die Boxen stehen gut und der Schalldruck auf unserem Brückendeck ist gerade perfekt. Die Jungs verstehen ihr Handwerk und sind witzig drauf. Alles guter Gitarrenrock aus den 70ern und frühen 80ern, sauber vorgetragen. Klasse. In der Nacht kommt Wind aus Süd, teilweise Südwest. Hoher Seegang beginnt in die Bucht hinein zu stehen. Wir müssen weg. Weiter nach La Palma. Bei dieser Windrichtung wieder ein heißer Ritt, genau platt vor den Laken. Im Morgengrauen sieht man kaum die Hand vor Augen und auch die Zähne knirschen. Sandsturm. La Gomeras Westküste haben wir nach zwei Meilen außer Sicht. Voraus nur Dunst. Nichts zu sehen. Mal sehen, was kommt.


Mit herzlichen Grüßen an Alle von B und M / SY VERA / inzwischen heil in der Marina Tazacorte / La Gomera / Spanien



1 - VERA vor Anker in Valle Gran Rey, La Gomera
Vor Anker

2 - Vollmond
Mondlicht

3 - Das Café mit Blick auf die VERA
Cafe

4 - Kapelle im Tal
Kirche

5 - Das Meditationszentrum
Meditation

6 - Die Hinweistafel
Früchte

7 - Hinauf im Seitental
Wanderung

8 - Das romantische kleine Cruise Ship Terminal
EU-Wand

9 - »Co« finanziert von der EU
EU-Schild

10 - Die Route von Las Palmas nach Valle Gran Rey
Die Route